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Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

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Das fünfte Hauptstück.
aller Jnstrumentisten seyn soll: weil man sich in allen Stücken dem Natürli-
chen, so viel es immer möglich ist, nähern muß? Man bemühe sich also, wo
das Singbare des Stückes keinen Absatz erfordert, nicht nur bey der Abände-
rung des Striches den Bogen auf der Violin zu lassen und folglich einen Strich
mit dem andern wohl zu verbinden; sondern auch viele Noten in einem Bogen-
striche und zwar so vorzutragen: daß die zusammen gehörigen Noten wohl anein-
ander gehänget, und nur durch das forte und piano von einander in etwas
unterschieden werden.

§. 15.

Dieses wenige mag einem fleißig Nachdenkenden genug seyn durch öfteres
Versuchen zu einer geschickten Mässigung des Bogens zu gelangen, und eine an-
genehme Verbindung des Schwachen mit dem Starken an einem Bogen-
striche nach und nach hervor zu bringen. Jch würde auch hier eine gewisse nütz-
liche Beobachtung eingeschaltet haben, die zur Uebung den Ton rein aus der
Violin zu bringen nicht wenig beyträgt, wenn ich sie nicht lieber, wegen der
Doppelgriffe, und wegen der dazu nöthigen Applicatur in den dritten Ab-
schnitt
des achten Hauptstückes verschoben hätte. Man wird sie im zwan-
zigsten Paragraph
finden.

Das
sten Sachen in der melodischen Setzkunst. Ein besonderes Naturell ersetzet
zwar manchmal den Abgang der Gelehrsamkeit; und oft hat, leyder! ein
Mensch bey der besten Natursgabe die Gelegenheit nicht sich in den Wissen-
schaften umzusehen. Wenn nun aber einer, von dem man glauben soll
er habe studiret, merkliche Proben seiner Unwissenheit ableget, das läßt
einmal gar zu ärgerlich. Was kann man wohl von jenem denken, der
nicht einmal in seiner Muttersprache 6. reine Wörter in Ordnung setzen
und verständlich zu Papier bringen kann, dem allem aber ungeachtet ein
gelehrter Componist heissen will? Eben ein solcher, der wenigstens dem
Scheine nach die Schulen durchgelaufen ist, um in den Stand zu kommen,
in dem er sich nun auch befindet; eben dieser schrieb einsmal an mich,
aber einen, sowohl nach den Verdiensten der Materie, als auch der gram-
matikalischen
Schreibart nach, unendlich schlechten Brief, der alle so ihn
lasen der dummesten Unwissenheit des Verfassers überzeugete. Er wollte
in diesem Schreiben eine musikalische Streitigkeit entscheiden, und die Ehre
eines seiner würdigen Freunde rächen. Es gerieth aber so, daß sich der
einfältige Vogel in seinem eigenen Garne fieng, und zu einem öffentlichen
Gelächter wurde. Seine Einfalt rührte mich, ich ließ den armen Tropfen
laufen: obwohl ich zur Belustigung meiner Freunde schon eine Antwort
niedergeschrieben hatte.

Das fuͤnfte Hauptſtuͤck.
aller Jnſtrumentisten ſeyn ſoll: weil man ſich in allen Stuͤcken dem Natuͤrli-
chen, ſo viel es immer moͤglich iſt, naͤhern muß? Man bemuͤhe ſich alſo, wo
das Singbare des Stuͤckes keinen Abſatz erfordert, nicht nur bey der Abaͤnde-
rung des Striches den Bogen auf der Violin zu laſſen und folglich einen Strich
mit dem andern wohl zu verbinden; ſondern auch viele Noten in einem Bogen-
ſtriche und zwar ſo vorzutragen: daß die zuſammen gehoͤrigen Noten wohl anein-
ander gehaͤnget, und nur durch das forte und piano von einander in etwas
unterſchieden werden.

§. 15.

Dieſes wenige mag einem fleißig Nachdenkenden genug ſeyn durch oͤfteres
Verſuchen zu einer geſchickten Maͤſſigung des Bogens zu gelangen, und eine an-
genehme Verbindung des Schwachen mit dem Starken an einem Bogen-
ſtriche nach und nach hervor zu bringen. Jch wuͤrde auch hier eine gewiſſe nuͤtz-
liche Beobachtung eingeſchaltet haben, die zur Uebung den Ton rein aus der
Violin zu bringen nicht wenig beytraͤgt, wenn ich ſie nicht lieber, wegen der
Doppelgriffe, und wegen der dazu noͤthigen Applicatur in den dritten Ab-
ſchnitt
des achten Hauptſtuͤckes verſchoben haͤtte. Man wird ſie im zwan-
zigſten Paragraph
finden.

Das
ſten Sachen in der melodiſchen Setzkunſt. Ein beſonderes Naturell erſetzet
zwar manchmal den Abgang der Gelehrſamkeit; und oft hat, leyder! ein
Menſch bey der beſten Natursgabe die Gelegenheit nicht ſich in den Wiſſen-
ſchaften umzuſehen. Wenn nun aber einer, von dem man glauben ſoll
er habe ſtudiret, merkliche Proben ſeiner Unwiſſenheit ableget, das laͤßt
einmal gar zu aͤrgerlich. Was kann man wohl von jenem denken, der
nicht einmal in ſeiner Mutterſprache 6. reine Woͤrter in Ordnung ſetzen
und verſtaͤndlich zu Papier bringen kann, dem allem aber ungeachtet ein
gelehrter Componiſt heiſſen will? Eben ein ſolcher, der wenigſtens dem
Scheine nach die Schulen durchgelaufen iſt, um in den Stand zu kommen,
in dem er ſich nun auch befindet; eben dieſer ſchrieb einsmal an mich,
aber einen, ſowohl nach den Verdienſten der Materie, als auch der gram-
matikaliſchen
Schreibart nach, unendlich ſchlechten Brief, der alle ſo ihn
laſen der dummeſten Unwiſſenheit des Verfaſſers uͤberzeugete. Er wollte
in dieſem Schreiben eine muſikaliſche Streitigkeit entſcheiden, und die Ehre
eines ſeiner wuͤrdigen Freunde raͤchen. Es gerieth aber ſo, daß ſich der
einfaͤltige Vogel in ſeinem eigenen Garne fieng, und zu einem oͤffentlichen
Gelaͤchter wurde. Seine Einfalt ruͤhrte mich, ich ließ den armen Tropfen
laufen: obwohl ich zur Beluſtigung meiner Freunde ſchon eine Antwort
niedergeſchrieben hatte.
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[108/0136] Das fuͤnfte Hauptſtuͤck. aller Jnſtrumentisten ſeyn ſoll: weil man ſich in allen Stuͤcken dem Natuͤrli- chen, ſo viel es immer moͤglich iſt, naͤhern muß? Man bemuͤhe ſich alſo, wo das Singbare des Stuͤckes keinen Abſatz erfordert, nicht nur bey der Abaͤnde- rung des Striches den Bogen auf der Violin zu laſſen und folglich einen Strich mit dem andern wohl zu verbinden; ſondern auch viele Noten in einem Bogen- ſtriche und zwar ſo vorzutragen: daß die zuſammen gehoͤrigen Noten wohl anein- ander gehaͤnget, und nur durch das forte und piano von einander in etwas unterſchieden werden. §. 15. Dieſes wenige mag einem fleißig Nachdenkenden genug ſeyn durch oͤfteres Verſuchen zu einer geſchickten Maͤſſigung des Bogens zu gelangen, und eine an- genehme Verbindung des Schwachen mit dem Starken an einem Bogen- ſtriche nach und nach hervor zu bringen. Jch wuͤrde auch hier eine gewiſſe nuͤtz- liche Beobachtung eingeſchaltet haben, die zur Uebung den Ton rein aus der Violin zu bringen nicht wenig beytraͤgt, wenn ich ſie nicht lieber, wegen der Doppelgriffe, und wegen der dazu noͤthigen Applicatur in den dritten Ab- ſchnitt des achten Hauptſtuͤckes verſchoben haͤtte. Man wird ſie im zwan- zigſten Paragraph finden. (c) Das (c) ſten Sachen in der melodiſchen Setzkunſt. Ein beſonderes Naturell erſetzet zwar manchmal den Abgang der Gelehrſamkeit; und oft hat, leyder! ein Menſch bey der beſten Natursgabe die Gelegenheit nicht ſich in den Wiſſen- ſchaften umzuſehen. Wenn nun aber einer, von dem man glauben ſoll er habe ſtudiret, merkliche Proben ſeiner Unwiſſenheit ableget, das laͤßt einmal gar zu aͤrgerlich. Was kann man wohl von jenem denken, der nicht einmal in ſeiner Mutterſprache 6. reine Woͤrter in Ordnung ſetzen und verſtaͤndlich zu Papier bringen kann, dem allem aber ungeachtet ein gelehrter Componiſt heiſſen will? Eben ein ſolcher, der wenigſtens dem Scheine nach die Schulen durchgelaufen iſt, um in den Stand zu kommen, in dem er ſich nun auch befindet; eben dieſer ſchrieb einsmal an mich, aber einen, ſowohl nach den Verdienſten der Materie, als auch der gram- matikaliſchen Schreibart nach, unendlich ſchlechten Brief, der alle ſo ihn laſen der dummeſten Unwiſſenheit des Verfaſſers uͤberzeugete. Er wollte in dieſem Schreiben eine muſikaliſche Streitigkeit entſcheiden, und die Ehre eines ſeiner wuͤrdigen Freunde raͤchen. Es gerieth aber ſo, daß ſich der einfaͤltige Vogel in ſeinem eigenen Garne fieng, und zu einem oͤffentlichen Gelaͤchter wurde. Seine Einfalt ruͤhrte mich, ich ließ den armen Tropfen laufen: obwohl ich zur Beluſtigung meiner Freunde ſchon eine Antwort niedergeſchrieben hatte.

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Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/136>, abgerufen am 22.11.2024.