thaten mit Lob und Dank der Menschen zufrie- den; es ist der kleinste, aber auch der feinste Ersatz für die Sorgen und Bemühungen eines guten Regenten, der ihn aber eben desswegen, weil er gut ist, auch am meisten freuen wird.
So lieblich sieht's sich an in der Theorie; wie wünschenswerth wäre es, wann es eben so in der That selbst aussähe! Allein beyde, Regenten und Untergebene, sind nur Menschen; beyde mit ihren guten und bösen Eigenschaften. Die Kö- nige und Fürsten tragen schon von ihrer Ge- burt her eine, durch ihre Erziehung noch mehr vervielfältigte, doppelte Erb-Sünde*) mit sich herum; dieses macht denn einen beständigen Conflict und Contrast mit dem Verstand und Willen anderer Menschen-Kinder; eine Ebbe und Fluth zwischen ihren beyderseitigen Absichten, Pflichten, Neigungen, Wünschen und Bedürfnis- sen; so dass immer ein Theil den andern zu
*) Mit Erlaubniss der neuern Theologen und Moralisten, dieses alte verhasste Wort zu gebrauchen. Sie mögen immerhin sagen: Der Mensch sey gut gebohren; wie andere gemeine Layen, die wir aber öfter um die Göt- ter der Erde sind und mehr mit ihnen zu thun haben, wissen's besser.
(II. Band.) E
thaten mit Lob und Dank der Menschen zufrie- den; es ist der kleinste, aber auch der feinste Ersatz für die Sorgen und Bemühungen eines guten Regenten, der ihn aber eben deſswegen, weil er gut ist, auch am meisten freuen wird.
So lieblich sieht’s sich an in der Theorie; wie wünschenswerth wäre es, wann es eben so in der That selbst aussähe! Allein beyde, Regenten und Untergebene, sind nur Menschen; beyde mit ihren guten und bösen Eigenschaften. Die Kö- nige und Fürsten tragen schon von ihrer Ge- burt her eine, durch ihre Erziehung noch mehr vervielfältigte, doppelte Erb-Sünde*) mit sich herum; dieses macht denn einen beständigen Conflict und Contrast mit dem Verstand und Willen anderer Menschen-Kinder; eine Ebbe und Fluth zwischen ihren beyderseitigen Absichten, Pflichten, Neigungen, Wünschen und Bedürfnis- sen; so daſs immer ein Theil den andern zu
*) Mit Erlaubniſs der neuern Theologen und Moralisten, dieses alte verhaſste Wort zu gebrauchen. Sie mögen immerhin sagen: Der Mensch sey gut gebohren; wie andere gemeine Layen, die wir aber öfter um die Göt- ter der Erde sind und mehr mit ihnen zu thun haben, wissen’s besser.
(II. Band.) E
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thaten mit Lob und Dank der Menschen zufrie-
den; es ist der kleinste, aber auch der feinste
Ersatz für die Sorgen und Bemühungen eines
guten Regenten, der ihn aber eben deſswegen,
weil er gut ist, auch am meisten freuen wird.
So lieblich sieht’s sich an in der Theorie; wie
wünschenswerth wäre es, wann es eben so in der
That selbst aussähe! Allein beyde, Regenten
und Untergebene, sind nur Menschen; beyde mit
ihren guten und bösen Eigenschaften. Die Kö-
nige und Fürsten tragen schon von ihrer Ge-
burt her eine, durch ihre Erziehung noch mehr
vervielfältigte, doppelte Erb-Sünde *) mit sich
herum; dieses macht denn einen beständigen
Conflict und Contrast mit dem Verstand und
Willen anderer Menschen-Kinder; eine Ebbe und
Fluth zwischen ihren beyderseitigen Absichten,
Pflichten, Neigungen, Wünschen und Bedürfnis-
sen; so daſs immer ein Theil den andern zu
*) Mit Erlaubniſs der neuern Theologen und Moralisten,
dieses alte verhaſste Wort zu gebrauchen. Sie mögen
immerhin sagen: Der Mensch sey gut gebohren; wie
andere gemeine Layen, die wir aber öfter um die Göt-
ter der Erde sind und mehr mit ihnen zu thun haben,
wissen’s besser.
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/71>, abgerufen am 16.02.2025.
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