unserer Tage; warum solte nicht die Publici- tät der Canzel eine besondere Beleuchtung verdienen?
Indem ich aber von dieser besondern Gattung Publicität spreche, so verstehe ich darunter diejenige offentliche und mündliche Zeugnisse der Wahrheit, welche vor einer versammelten christlichen Gemeine zur Rüge von Lastern, Missbräuchen, Irrthümern und Gebrechen, ent- weder, ganzer Stände oder einzeler bedeuten- der Personen, deren Beyspiele von schädlichen Folgen für andere seyn können, abgeleget werden.
Durch diese Einschränkung sind also blosse, obgleich in der nehmlichen Absicht und zu gleichem Zweck verfasste Schriften, den öffent- lichen Canzel-Vortrag ausgenommen, von selbsten ausgeschlossen.
Ich würde es selbst um so unbedenklicher wagen, dieser Beschäftigung einige Stunden meiner glücklichen Einsamkeit zu widmen, als Gott lob! die Zeiten vorbey sind, da es einem deutschen Staatsmann als eine ungeziemende Allotrioepiscopie gedeutet, oder wohl gar zum Verbrechen angerechnet wurde, wann er sich,
unserer Tage; warum solte nicht die Publici- tät der Canzel eine besondere Beleuchtung verdienen?
Indem ich aber von dieser besondern Gattung Publicität spreche, so verstehe ich darunter diejenige offentliche und mündliche Zeugnisse der Wahrheit, welche vor einer versammelten christlichen Gemeine zur Rüge von Lastern, Miſsbräuchen, Irrthümern und Gebrechen, ent- weder, ganzer Stände oder einzeler bedeuten- der Personen, deren Beyspiele von schädlichen Folgen für andere seyn können, abgeleget werden.
Durch diese Einschränkung sind also bloſse, obgleich in der nehmlichen Absicht und zu gleichem Zweck verfaſste Schriften, den öffent- lichen Canzel-Vortrag ausgenommen, von selbsten ausgeschlossen.
Ich würde es selbst um so unbedenklicher wagen, dieser Beschäftigung einige Stunden meiner glücklichen Einsamkeit zu widmen, als Gott lob! die Zeiten vorbey sind, da es einem deutschen Staatsmann als eine ungeziemende Allotrioepiscopie gedeutet, oder wohl gar zum Verbrechen angerechnet wurde, wann er sich,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0319"n="313"/>
unserer Tage; warum solte nicht die <hirendition="#i"><hirendition="#g">Publici-<lb/>
tät der Canzel</hi></hi> eine besondere <choice><sic>Beleuchtuug</sic><corr>Beleuchtung</corr></choice><lb/>
verdienen?</p><lb/><p>Indem ich aber von dieser besondern Gattung<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#g">Publicität</hi></hi> spreche, so verstehe ich darunter<lb/>
diejenige <hirendition="#i"><hirendition="#g">offentliche</hi></hi> und <hirendition="#i"><hirendition="#g">mündliche</hi></hi> Zeugnisse<lb/>
der Wahrheit, welche vor einer versammelten<lb/>
christlichen Gemeine zur Rüge von Lastern,<lb/><choice><sic>Miſsbraüchen</sic><corr>Miſsbräuchen</corr></choice>, Irrthümern und Gebrechen, ent-<lb/>
weder, ganzer Stände oder einzeler bedeuten-<lb/>
der Personen, deren Beyspiele von schädlichen<lb/>
Folgen für andere seyn können, abgeleget<lb/>
werden.</p><lb/><p>Durch diese Einschränkung sind also <hirendition="#i"><hirendition="#g">bloſse</hi>,</hi><lb/>
obgleich in der nehmlichen Absicht und zu<lb/>
gleichem Zweck verfaſste <hirendition="#i"><hirendition="#g">Schriften</hi>,</hi> den öffent-<lb/>
lichen <hirendition="#i"><hirendition="#g">Canzel-Vortrag</hi></hi> ausgenommen, von<lb/>
selbsten ausgeschlossen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Ich würde es selbst um so unbedenklicher<lb/>
wagen, dieser Beschäftigung einige Stunden<lb/>
meiner glücklichen Einsamkeit zu widmen, als<lb/>
Gott lob! die Zeiten vorbey sind, da es einem<lb/>
deutschen Staatsmann als eine ungeziemende<lb/>
Allotrioepiscopie gedeutet, oder wohl gar zum<lb/>
Verbrechen angerechnet wurde, wann er sich,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[313/0319]
unserer Tage; warum solte nicht die Publici-
tät der Canzel eine besondere Beleuchtung
verdienen?
Indem ich aber von dieser besondern Gattung
Publicität spreche, so verstehe ich darunter
diejenige offentliche und mündliche Zeugnisse
der Wahrheit, welche vor einer versammelten
christlichen Gemeine zur Rüge von Lastern,
Miſsbräuchen, Irrthümern und Gebrechen, ent-
weder, ganzer Stände oder einzeler bedeuten-
der Personen, deren Beyspiele von schädlichen
Folgen für andere seyn können, abgeleget
werden.
Durch diese Einschränkung sind also bloſse,
obgleich in der nehmlichen Absicht und zu
gleichem Zweck verfaſste Schriften, den öffent-
lichen Canzel-Vortrag ausgenommen, von
selbsten ausgeschlossen.
Ich würde es selbst um so unbedenklicher
wagen, dieser Beschäftigung einige Stunden
meiner glücklichen Einsamkeit zu widmen, als
Gott lob! die Zeiten vorbey sind, da es einem
deutschen Staatsmann als eine ungeziemende
Allotrioepiscopie gedeutet, oder wohl gar zum
Verbrechen angerechnet wurde, wann er sich,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/319>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.