sentlichen Dienst zu erzeigen, wenn er ihn da- von befreye und es allein über sich nähme; und dem zufolge habe er, ohne ihm vorher ein Wort zu sagen, einen Courier mit dem Be- fehl abgeschickt, Trier gleich nach seiner An- kunft in Brand zu stecken.
Augenblicklich gerieth der König wider sei- ne Gewohnheit in einen so heftigen Zorn, dass er die Feurzange vom Camin ergriff, und dem Louvois eins damit versetzen wollte, wenn nicht Frau von Maintenon dazwischen gesprun- gen wäre, und ihm zugerufen hätte: "Sire, was wollen Sie thun"? Zugleich riss sie ihm die Feuerzange aus der Hand. Louvois wischte zur Thüre hinaus; der König aber schrie ihm nach, dass er zurückkommen sollte, und sagte ihm mit Augen, die von Wuth funkelten: "Fer- tigen Sie auf der Stelle einen Kurier mit einem Widerruf des Befehls ab, und dass er noch zu rechter Zeit ankommt; denn Sie sollen mir mit ihrem Kopf dafür haften, wenn ein einziges Haus abgebrannt wird".
Louvois, der mehr todt als lebendig war, eilte nach Haus, aber nicht um die Contreor- dre auszufertigen; denn das war nicht nöthig, weil der erste Kurier noch gar nicht abgereist
sentlichen Dienst zu erzeigen, wenn er ihn da- von befreye und es allein über sich nähme; und dem zufolge habe er, ohne ihm vorher ein Wort zu sagen, einen Courier mit dem Be- fehl abgeschickt, Trier gleich nach seiner An- kunft in Brand zu stecken.
Augenblicklich gerieth der König wider sei- ne Gewohnheit in einen so heftigen Zorn, daſs er die Feurzange vom Camin ergriff, und dem Louvois eins damit versetzen wollte, wenn nicht Frau von Maintenon dazwischen gesprun- gen wäre, und ihm zugerufen hätte: „Sire, was wollen Sie thun„? Zugleich riſs sie ihm die Feuerzange aus der Hand. Louvois wischte zur Thüre hinaus; der König aber schrie ihm nach, daſs er zurückkommen sollte, und sagte ihm mit Augen, die von Wuth funkelten: „Fer- tigen Sie auf der Stelle einen Kurier mit einem Widerruf des Befehls ab, und daſs er noch zu rechter Zeit ankommt; denn Sie sollen mir mit ihrem Kopf dafür haften, wenn ein einziges Haus abgebrannt wird„.
Louvois, der mehr todt als lebendig war, eilte nach Haus, aber nicht um die Contreor- dre auszufertigen; denn das war nicht nöthig, weil der erste Kurier noch gar nicht abgereist
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sentlichen Dienst zu erzeigen, wenn er ihn da-
von befreye und es allein über sich nähme;
und dem zufolge habe er, ohne ihm vorher
ein Wort zu sagen, einen Courier mit dem Be-
fehl abgeschickt, Trier gleich nach seiner An-
kunft in Brand zu stecken.
Augenblicklich gerieth der König wider sei-
ne Gewohnheit in einen so heftigen Zorn, daſs
er die Feurzange vom Camin ergriff, und dem
Louvois eins damit versetzen wollte, wenn
nicht Frau von Maintenon dazwischen gesprun-
gen wäre, und ihm zugerufen hätte: „Sire,
was wollen Sie thun„? Zugleich riſs sie ihm
die Feuerzange aus der Hand. Louvois wischte
zur Thüre hinaus; der König aber schrie ihm
nach, daſs er zurückkommen sollte, und sagte
ihm mit Augen, die von Wuth funkelten: „Fer-
tigen Sie auf der Stelle einen Kurier mit einem
Widerruf des Befehls ab, und daſs er noch zu
rechter Zeit ankommt; denn Sie sollen mir mit
ihrem Kopf dafür haften, wenn ein einziges
Haus abgebrannt wird„.
Louvois, der mehr todt als lebendig war,
eilte nach Haus, aber nicht um die Contreor-
dre auszufertigen; denn das war nicht nöthig,
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/31>, abgerufen am 24.11.2024.
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