selbst wird es nicht geachtet. Diebe lassen sie henken; Ihnen stehet jedermans Beutel offen. Mörder werden getödtet; Sie selbst haben Lust, unshuldig Blut zu vergiessen. Da sie das Land von Mördern und Dieben reinigen sol- ten, erfüllen sie es damit, dass auch der weise König von ihnen gesagt Proverb. 28. "Ein Gott- loser, der über ein arm Volk regieret, das ist ein brüllender Leu, und gieriger Bär". Wenn denn auff solche Art ein Regent muss angese- hen werden, ist leicht zu erachten, wie mit solchen Regenten die Gottesfurcht sich reime. Ich solte hie wohl die Gottesfurcht beschreiben, wie ich oben die Regenten nach ihrem Staat be- schrieben habe; aber der Mühe kan ich überha- ben seyn. Denn wenn man von der Gottes- furcht nicht mehr weiss, als dass sie solche Augen erfordere, die auf Gott sehen, und daran gedencken, dass sie ihres Thuns Rechenschafft dermaleins müssen für Gott ablegen, so hat man hier genug. Denn wer siehet nicht, dass bey einer solchen Creatur, die alles richtet zu ih- rer eigenen Hoheit, als zu dem vornehmsten Zweck; dass sie grosse Macht, grossen Ruhm, grossen Reichthum in der Welt erlange; die unrechtfertig, listig und blutdürstig ist:
selbst wird es nicht geachtet. Diebe lassen sie henken; Ihnen stehet jedermans Beutel offen. Mörder werden getödtet; Sie selbst haben Lust, unshuldig Blut zu vergiessen. Da sie das Land von Mördern und Dieben reinigen sol- ten, erfüllen sie es damit, daſs auch der weise König von ihnen gesagt Proverb. 28. „Ein Gott- loser, der über ein arm Volk regieret, das ist ein brüllender Leu, und gieriger Bär„. Wenn denn auff solche Art ein Regent muſs angese- hen werden, ist leicht zu erachten, wie mit solchen Regenten die Gottesfurcht sich reime. Ich solte hie wohl die Gottesfurcht beschreiben, wie ich oben die Regenten nach ihrem Staat be- schrieben habe; aber der Mühe kan ich überha- ben seyn. Denn wenn man von der Gottes- furcht nicht mehr weiſs, als daſs sie solche Augen erfordere, die auf Gott sehen, und daran gedencken, daſs sie ihres Thuns Rechenschafft dermaleins müssen für Gott ablegen, so hat man hier genug. Denn wer siehet nicht, daſs bey einer solchen Creatur, die alles richtet zu ih- rer eigenen Hoheit, als zu dem vornehmsten Zweck; daſs sie groſse Macht, groſsen Ruhm, groſsen Reichthum in der Welt erlange; die unrechtfertig, listig und blutdürstig ist:
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selbst wird es nicht geachtet. Diebe lassen sie
henken; Ihnen stehet jedermans Beutel offen.
Mörder werden getödtet; Sie selbst haben
Lust, unshuldig Blut zu vergiessen. Da sie
das Land von Mördern und Dieben reinigen sol-
ten, erfüllen sie es damit, daſs auch der weise
König von ihnen gesagt Proverb. 28. „Ein Gott-
loser, der über ein arm Volk regieret, das ist
ein brüllender Leu, und gieriger Bär„. Wenn
denn auff solche Art ein Regent muſs angese-
hen werden, ist leicht zu erachten, wie mit
solchen Regenten die Gottesfurcht sich reime.
Ich solte hie wohl die Gottesfurcht beschreiben,
wie ich oben die Regenten nach ihrem Staat be-
schrieben habe; aber der Mühe kan ich überha-
ben seyn. Denn wenn man von der Gottes-
furcht nicht mehr weiſs, als daſs sie solche
Augen erfordere, die auf Gott sehen, und daran
gedencken, daſs sie ihres Thuns Rechenschafft
dermaleins müssen für Gott ablegen, so hat man
hier genug. Denn wer siehet nicht, daſs bey
einer solchen Creatur, die alles richtet zu ih-
rer eigenen Hoheit, als zu dem vornehmsten
Zweck; daſs sie groſse Macht, groſsen Ruhm,
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/306>, abgerufen am 22.11.2024.
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