Eine Schilderung in des Chur-Pfälzischen Kir- chen-Raths, Herrn Kaibel, Jubel-Rede bey dem Beschluss der funfzig jährigen Regie- rung Churfürstens Carl Theodor zu Pfalz- Bayern. Den 31. Dec. 1792.
Ich denke mir in der Person eines würdigen Fürsten einen Mann, der es sich zur heiligen Ge- wissens- und Herrscherspflicht macht (unbescha- det seiner eigenen Ueberzeugung, die eines jeden Erdensohnes erstes Heiligthum bleibet, sobald er über sich und seine Bestimmung nachdenken kann), nicht nur der Religion, zu der sich der grösste Theil seiner Untergebenen bekennet, Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, und ihre Bekenner gegen jeden Eingriff auf ihre Besitzungen, Gerechtsamen und Frei- heiten zu schützen; sondern, der auch als ein Beförderer der edlen Freiheit zu denken, zugleich eine jede grössere oder kleinere Ge- sellschaft duldet, die friedsam ihres Glau- bens leben will; wenn die Glieder derselben nur die Geschäfte und Pflichten thätiger und
ge-
8. Der würdige Fürst.
Eine Schilderung in des Chur-Pfälzischen Kir- chen-Raths, Herrn Kaibel, Jubel-Rede bey dem Beschluſs der funfzig jährigen Regie- rung Churfürstens Carl Theodor zu Pfalz- Bayern. Den 31. Dec. 1792.
Ich denke mir in der Person eines würdigen Fürsten einen Mann, der es sich zur heiligen Ge- wissens- und Herrscherspflicht macht (unbescha- det seiner eigenen Ueberzeugung, die eines jeden Erdensohnes erstes Heiligthum bleibet, sobald er über sich und seine Bestimmung nachdenken kann), nicht nur der Religion, zu der sich der gröſste Theil seiner Untergebenen bekennet, Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, und ihre Bekenner gegen jeden Eingriff auf ihre Besitzungen, Gerechtsamen und Frei- heiten zu schützen; sondern, der auch als ein Beförderer der edlen Freiheit zu denken, zugleich eine jede gröſsere oder kleinere Ge- sellschaft duldet, die friedsam ihres Glau- bens leben will; wenn die Glieder derselben nur die Geschäfte und Pflichten thätiger und
ge-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0230"n="224"/><divn="2"><head>8.<lb/>
Der würdige Fürst.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><list><item>Eine Schilderung in des Chur-Pfälzischen Kir-<lb/>
chen-Raths, Herrn <hirendition="#i"><hirendition="#g">Kaibel</hi>,</hi> Jubel-Rede bey<lb/>
dem Beschluſs der funfzig jährigen Regie-<lb/>
rung Churfürstens Carl Theodor zu Pfalz-<lb/>
Bayern. Den 31. Dec. 1792.</item></list><lb/><p>Ich denke mir in der Person eines <hirendition="#i"><hirendition="#g">würdigen<lb/>
Fürsten</hi></hi> einen Mann, der es sich zur heiligen Ge-<lb/>
wissens- und Herrscherspflicht macht (unbescha-<lb/>
det seiner eigenen Ueberzeugung, die eines jeden<lb/>
Erdensohnes erstes Heiligthum bleibet, sobald<lb/>
er über sich und seine Bestimmung nachdenken<lb/>
kann), nicht nur <hirendition="#i"><hirendition="#g">der</hi></hi> Religion, zu der sich<lb/>
der gröſste Theil seiner Untergebenen bekennet,<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#g">Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen</hi>,</hi><lb/>
und ihre Bekenner gegen jeden <hirendition="#i"><hirendition="#g">Eingriff</hi></hi> auf<lb/>
ihre <hirendition="#i"><hirendition="#g">Besitzungen</hi>, <hirendition="#g">Gerechtsamen</hi></hi> und <hirendition="#i"><hirendition="#g">Frei-<lb/>
heiten</hi></hi> zu <hirendition="#i"><hirendition="#g">schützen</hi>;</hi> sondern, der auch als<lb/>
ein Beförderer <hirendition="#i"><hirendition="#g">der edlen Freiheit zu denken</hi>,</hi><lb/>
zugleich eine jede gröſsere oder kleinere <hirendition="#i"><hirendition="#g">Ge-<lb/>
sellschaft duldet</hi>,</hi> die friedsam <hirendition="#i"><hirendition="#g">ihres Glau-<lb/>
bens leben will</hi>;</hi> wenn die Glieder derselben<lb/>
nur die Geschäfte und Pflichten thätiger und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ge-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[224/0230]
8.
Der würdige Fürst.
Eine Schilderung in des Chur-Pfälzischen Kir-
chen-Raths, Herrn Kaibel, Jubel-Rede bey
dem Beschluſs der funfzig jährigen Regie-
rung Churfürstens Carl Theodor zu Pfalz-
Bayern. Den 31. Dec. 1792.
Ich denke mir in der Person eines würdigen
Fürsten einen Mann, der es sich zur heiligen Ge-
wissens- und Herrscherspflicht macht (unbescha-
det seiner eigenen Ueberzeugung, die eines jeden
Erdensohnes erstes Heiligthum bleibet, sobald
er über sich und seine Bestimmung nachdenken
kann), nicht nur der Religion, zu der sich
der gröſste Theil seiner Untergebenen bekennet,
Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen,
und ihre Bekenner gegen jeden Eingriff auf
ihre Besitzungen, Gerechtsamen und Frei-
heiten zu schützen; sondern, der auch als
ein Beförderer der edlen Freiheit zu denken,
zugleich eine jede gröſsere oder kleinere Ge-
sellschaft duldet, die friedsam ihres Glau-
bens leben will; wenn die Glieder derselben
nur die Geschäfte und Pflichten thätiger und
ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/230>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.