nachruckten und lieber Celsissimi und Er- laucht genennt seyn wollten, und ihre Canz- leyschreiber von dem Ländgen ihres Herrn als von einem Staat sprechen.
Endlich ist zu unsern brodlosen und kriechen- den Zeiten noch gar der gottesschänderische Aus- druck: Unser angebeteter, unser Anbetungs würdiger Fürst, dazu gekommen, und zuwei- len an offenbar gottlose Fürsten verschwendet worden; wie noch, bey Erzählung der Leichen- Procession eines solchen kundbaren Despoten in einer gewissen Zeitung geschehen ist. Am schändlichsten und unverantwortlichsten ist, wenn sogar ein Geistlicher, ein Diener des Evangelii, sich zu einer solchen Abgötterey erniedriget; in einer Leichen-Rede (wie mit gedruckten Beweisen belegt werden könnte) einem verstorbenen schlechten und bösen Für- sten sein Lob noch vor die todte Füsse hinspeyt; ihn im Angesicht des Nachfolgers, des ganzen Hofs und einer zahlreichen Gemeine, seinen angebeteten Fürsten nennt, ihn, der aus Gottes Langmuth höchstens ein tolerirter Fürst genennt werden konnte. So etwas ist nicht nur ein Verbrechen der geschändeten
(II. Band.) N
nachruckten und lieber Celsissimi und Er- laucht genennt seyn wollten, und ihre Canz- leyschreiber von dem Ländgen ihres Herrn als von einem Staat sprechen.
Endlich ist zu unsern brodlosen und kriechen- den Zeiten noch gar der gottesschänderische Aus- druck: Unser angebeteter, unser Anbetungs würdiger Fürst, dazu gekommen, und zuwei- len an offenbar gottlose Fürsten verschwendet worden; wie noch, bey Erzählung der Leichen- Procession eines solchen kundbaren Despoten in einer gewissen Zeitung geschehen ist. Am schändlichsten und unverantwortlichsten ist, wenn sogar ein Geistlicher, ein Diener des Evangelii, sich zu einer solchen Abgötterey erniedriget; in einer Leichen-Rede (wie mit gedruckten Beweisen belegt werden könnte) einem verstorbenen schlechten und bösen Für- sten sein Lob noch vor die todte Füſse hinspeyt; ihn im Angesicht des Nachfolgers, des ganzen Hofs und einer zahlreichen Gemeine, seinen angebeteten Fürsten nennt, ihn, der aus Gottes Langmuth höchstens ein tolerirter Fürst genennt werden konnte. So etwas ist nicht nur ein Verbrechen der geschändeten
(II. Band.) N
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0199"n="193"/>
nachruckten und lieber <hirendition="#i"><hirendition="#g">Celsissimi</hi></hi> und <hirendition="#i"><hirendition="#g">Er-<lb/>
laucht</hi></hi> genennt seyn wollten, und ihre Canz-<lb/>
leyschreiber von dem Ländgen ihres Herrn als<lb/>
von einem <hirendition="#i"><hirendition="#g">Staat</hi></hi> sprechen.</p><lb/><p>Endlich ist zu unsern brodlosen und kriechen-<lb/>
den Zeiten noch gar der gottesschänderische Aus-<lb/>
druck: Unser <hirendition="#i"><hirendition="#g">angebeteter</hi>,</hi> unser <hirendition="#i"><hirendition="#g">Anbetungs<lb/>
würdiger</hi></hi> Fürst, dazu gekommen, und zuwei-<lb/>
len an offenbar gottlose Fürsten verschwendet<lb/>
worden; wie noch, bey Erzählung der Leichen-<lb/>
Procession eines solchen kundbaren Despoten<lb/>
in einer gewissen Zeitung geschehen ist. Am<lb/>
schändlichsten und unverantwortlichsten ist,<lb/>
wenn sogar ein Geistlicher, ein Diener des<lb/>
Evangelii, sich zu einer solchen Abgötterey<lb/>
erniedriget; in einer Leichen-Rede (wie mit<lb/>
gedruckten Beweisen belegt werden könnte)<lb/>
einem verstorbenen schlechten und bösen Für-<lb/>
sten sein Lob noch vor die todte Füſse hinspeyt;<lb/>
ihn im Angesicht des Nachfolgers, des ganzen<lb/>
Hofs und einer zahlreichen Gemeine, <hirendition="#i"><hirendition="#g">seinen<lb/>
angebeteten Fürsten</hi></hi> nennt, ihn, der aus<lb/>
Gottes Langmuth höchstens ein <hirendition="#i"><hirendition="#g">tolerirter<lb/>
Fürst</hi></hi> genennt werden konnte. So etwas ist<lb/>
nicht nur ein <hirendition="#i"><hirendition="#g">Verbrechen der geschändeten</hi></hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">(<hirendition="#i">II. Band.</hi>) N</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[193/0199]
nachruckten und lieber Celsissimi und Er-
laucht genennt seyn wollten, und ihre Canz-
leyschreiber von dem Ländgen ihres Herrn als
von einem Staat sprechen.
Endlich ist zu unsern brodlosen und kriechen-
den Zeiten noch gar der gottesschänderische Aus-
druck: Unser angebeteter, unser Anbetungs
würdiger Fürst, dazu gekommen, und zuwei-
len an offenbar gottlose Fürsten verschwendet
worden; wie noch, bey Erzählung der Leichen-
Procession eines solchen kundbaren Despoten
in einer gewissen Zeitung geschehen ist. Am
schändlichsten und unverantwortlichsten ist,
wenn sogar ein Geistlicher, ein Diener des
Evangelii, sich zu einer solchen Abgötterey
erniedriget; in einer Leichen-Rede (wie mit
gedruckten Beweisen belegt werden könnte)
einem verstorbenen schlechten und bösen Für-
sten sein Lob noch vor die todte Füſse hinspeyt;
ihn im Angesicht des Nachfolgers, des ganzen
Hofs und einer zahlreichen Gemeine, seinen
angebeteten Fürsten nennt, ihn, der aus
Gottes Langmuth höchstens ein tolerirter
Fürst genennt werden konnte. So etwas ist
nicht nur ein Verbrechen der geschändeten
(II. Band.) N
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/199>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.