Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Ministers, von denen sie nicht fürchten dür-
fen, übersehen zu werden, und suchen die Stär-
kern nur aus Noth; wohl aber wie sich ein
Deutscher Kayser manchmahl mit einem eigen-
sinnigen Reichs-Vice-Canzler, Reichs-Refe-
rendar, deren Ernennung nicht von ihm abhängt,
wie sich ein König in Pohlen mit seinem Con-
seil permanent
,
der in Schweden mit seinem
Reichs-Räthen schleppen musste, oder wie Ca-
tharina II. in Russland die ewigen Jalousien zwi-
schen ihren Generals und Ministern immer wie-
der ins Gleiche zu bringen suchen, oder ihren
treuen, aber phlegmatischen, Grafen Panin über
die wichtigsten Staatsgeschäfte fünf biss sechs-
mahl wieder erinnern musste; wenn er sich in
der Wahl seiner Ministers versieht, und hernach
mit Ehren, oder doch ohne Schande, Schaden
und Unbilligkeit, nicht wieder loskommen, und
am Ende gleichwohl, entweder, wie Ludwig
XIV. mit seinem Minister Arnaud *) durch-

*) Die Schilderung, die K. Ludwig unter seiner eigenen
Hand von ihm machte, lautet freilich nicht günstig:
"Im Jahr 1671. besetzte ich die erledigte Stelle eines
Staats-Sekretairs mit einem Mann, den ich nur aus
seinen lange und mit meiner Zufriedenheit bekleideten
Gesandtschaften kannte. Es fand sich aber bald, dass
die ihm übertragene Stelle zu gross und zu viel umfas-

Ministers, von denen sie nicht fürchten dür-
fen, übersehen zu werden, und suchen die Stär-
kern nur aus Noth; wohl aber wie sich ein
Deutscher Kayser manchmahl mit einem eigen-
sinnigen Reichs-Vice-Canzler, Reichs-Refe-
rendar, deren Ernennung nicht von ihm abhängt,
wie sich ein König in Pohlen mit seinem Con-
seil permanent
,
der in Schweden mit seinem
Reichs-Räthen schleppen muſste, oder wie Ca-
tharina II. in Ruſsland die ewigen Jalousien zwi-
schen ihren Generals und Ministern immer wie-
der ins Gleiche zu bringen suchen, oder ihren
treuen, aber phlegmatischen, Grafen Panin über
die wichtigsten Staatsgeschäfte fünf biſs sechs-
mahl wieder erinnern muſste; wenn er sich in
der Wahl seiner Ministers versieht, und hernach
mit Ehren, oder doch ohne Schande, Schaden
und Unbilligkeit, nicht wieder loskommen, und
am Ende gleichwohl, entweder, wie Ludwig
XIV. mit seinem Minister Arnaud *) durch-

*) Die Schilderung, die K. Ludwig unter seiner eigenen
Hand von ihm machte, lautet freilich nicht günstig:
„Im Jahr 1671. besetzte ich die erledigte Stelle eines
Staats-Sekretairs mit einem Mann, den ich nur aus
seinen lange und mit meiner Zufriedenheit bekleideten
Gesandtschaften kannte. Es fand sich aber bald, daſs
die ihm übertragene Stelle zu groſs und zu viel umfas-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0170" n="164"/>
Ministers, von denen sie nicht fürchten dür-<lb/>
fen, übersehen zu werden, und suchen die Stär-<lb/>
kern nur aus Noth; wohl aber wie sich ein<lb/>
Deutscher Kayser manchmahl mit einem eigen-<lb/>
sinnigen Reichs-Vice-Canzler, Reichs-Refe-<lb/>
rendar, deren Ernennung nicht von ihm abhängt,<lb/>
wie sich ein König in Pohlen mit seinem <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Con-<lb/>
seil permanent</hi>,</hi> der in Schweden mit seinem<lb/>
Reichs-Räthen schleppen mu&#x017F;ste, oder wie Ca-<lb/>
tharina II. in Ru&#x017F;sland die ewigen Jalousien zwi-<lb/>
schen ihren Generals und Ministern immer wie-<lb/>
der ins Gleiche zu bringen suchen, oder ihren<lb/>
treuen, aber phlegmatischen, Grafen Panin über<lb/>
die wichtigsten Staatsgeschäfte fünf bi&#x017F;s sechs-<lb/>
mahl wieder erinnern mu&#x017F;ste; wenn er sich in<lb/>
der Wahl seiner Ministers versieht, und hernach<lb/>
mit Ehren, oder doch ohne Schande, Schaden<lb/>
und Unbilligkeit, nicht wieder loskommen, und<lb/>
am Ende gleichwohl, entweder, wie Ludwig<lb/>
XIV. mit seinem Minister <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Arnaud</hi></hi> <note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="*)">Die Schilderung, die K. Ludwig unter seiner eigenen<lb/>
Hand von ihm machte, lautet freilich nicht günstig:<lb/>
&#x201E;Im Jahr 1671. besetzte ich die erledigte Stelle eines<lb/>
Staats-Sekretairs mit einem Mann, den ich nur aus<lb/>
seinen lange und mit meiner Zufriedenheit bekleideten<lb/>
Gesandtschaften kannte. Es fand sich aber bald, da&#x017F;s<lb/>
die ihm übertragene Stelle zu gro&#x017F;s und zu viel umfas-</note> durch-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0170] Ministers, von denen sie nicht fürchten dür- fen, übersehen zu werden, und suchen die Stär- kern nur aus Noth; wohl aber wie sich ein Deutscher Kayser manchmahl mit einem eigen- sinnigen Reichs-Vice-Canzler, Reichs-Refe- rendar, deren Ernennung nicht von ihm abhängt, wie sich ein König in Pohlen mit seinem Con- seil permanent, der in Schweden mit seinem Reichs-Räthen schleppen muſste, oder wie Ca- tharina II. in Ruſsland die ewigen Jalousien zwi- schen ihren Generals und Ministern immer wie- der ins Gleiche zu bringen suchen, oder ihren treuen, aber phlegmatischen, Grafen Panin über die wichtigsten Staatsgeschäfte fünf biſs sechs- mahl wieder erinnern muſste; wenn er sich in der Wahl seiner Ministers versieht, und hernach mit Ehren, oder doch ohne Schande, Schaden und Unbilligkeit, nicht wieder loskommen, und am Ende gleichwohl, entweder, wie Ludwig XIV. mit seinem Minister Arnaud *) durch- *) Die Schilderung, die K. Ludwig unter seiner eigenen Hand von ihm machte, lautet freilich nicht günstig: „Im Jahr 1671. besetzte ich die erledigte Stelle eines Staats-Sekretairs mit einem Mann, den ich nur aus seinen lange und mit meiner Zufriedenheit bekleideten Gesandtschaften kannte. Es fand sich aber bald, daſs die ihm übertragene Stelle zu groſs und zu viel umfas-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/170
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/170>, abgerufen am 22.11.2024.