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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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Herrn die Staats- und Landes-Geschäfte durch
die Collegien gehen lassen und sich von ihrem
Selbstdünkel so weit entkleiden könnten, um
zu glauben, dass dann doch wohl etwa sechs,
acht oder zwölf Augen, weiter und schärfer
sehen möchten, als ihre zwey. Diese Zeiten
sind aber, wie anderswo ausgeführt worden
ist, heut zu Tage vorbey; alles wird, nach
K. Josephs Lieblings-Ausdruck, immer mehr
simplificirt; sie sehen nur allein, sie regie-
ren nur allein, und das thut dann so lange
gut, biss es bricht.

Bey manchen andern geht es aber, wie Mon-
tesquieu
sagte: "Je mehr in despotischen Staa-
ten der Fürst Völker zu regieren hat, je weni-
ger denkt er an die Regierung; je grösser und
wichtiger die Geschäfte sind, je weniger wird
darüber berathschlagt".


Es ist, um es kurz zusammen zu fassen, kein
Monarch, Fürst, Herr oder Herrlein, der sich
nicht in vielen grossen und kleinen Fällen sei-
ner Regierung selbst betrügt, oder von andern
betrogen wird; und ein Regent müsste ein En-
gel, oder höheres, denn menschliches, Wesen
seyn, wenn er alle ihn umgebende, berücken-

Herrn die Staats- und Landes-Geschäfte durch
die Collegien gehen lassen und sich von ihrem
Selbstdünkel so weit entkleiden könnten, um
zu glauben, daſs dann doch wohl etwa sechs,
acht oder zwölf Augen, weiter und schärfer
sehen möchten, als ihre zwey. Diese Zeiten
sind aber, wie anderswo ausgeführt worden
ist, heut zu Tage vorbey; alles wird, nach
K. Josephs Lieblings-Ausdruck, immer mehr
simplificirt; sie sehen nur allein, sie regie-
ren nur allein, und das thut dann so lange
gut, biſs es bricht.

Bey manchen andern geht es aber, wie Mon-
tesquieu
sagte: „Je mehr in despotischen Staa-
ten der Fürst Völker zu regieren hat, je weni-
ger denkt er an die Regierung; je gröſser und
wichtiger die Geschäfte sind, je weniger wird
darüber berathschlagt„.


Es ist, um es kurz zusammen zu fassen, kein
Monarch, Fürst, Herr oder Herrlein, der sich
nicht in vielen groſsen und kleinen Fällen sei-
ner Regierung selbst betrügt, oder von andern
betrogen wird; und ein Regent müſste ein En-
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[11/0017] Herrn die Staats- und Landes-Geschäfte durch die Collegien gehen lassen und sich von ihrem Selbstdünkel so weit entkleiden könnten, um zu glauben, daſs dann doch wohl etwa sechs, acht oder zwölf Augen, weiter und schärfer sehen möchten, als ihre zwey. Diese Zeiten sind aber, wie anderswo ausgeführt worden ist, heut zu Tage vorbey; alles wird, nach K. Josephs Lieblings-Ausdruck, immer mehr simplificirt; sie sehen nur allein, sie regie- ren nur allein, und das thut dann so lange gut, biſs es bricht. Bey manchen andern geht es aber, wie Mon- tesquieu sagte: „Je mehr in despotischen Staa- ten der Fürst Völker zu regieren hat, je weni- ger denkt er an die Regierung; je gröſser und wichtiger die Geschäfte sind, je weniger wird darüber berathschlagt„. Es ist, um es kurz zusammen zu fassen, kein Monarch, Fürst, Herr oder Herrlein, der sich nicht in vielen groſsen und kleinen Fällen sei- ner Regierung selbst betrügt, oder von andern betrogen wird; und ein Regent müſste ein En- gel, oder höheres, denn menschliches, Wesen seyn, wenn er alle ihn umgebende, berücken-

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/17>, abgerufen am 24.11.2024.