dung auf diese gesagt seyn lassen, sondern wenn sie in dieser Tugend so erstarken, dass ihnen Gedult zu haben endlich zu einer hei- ligen Pflicht und Gewohnheit wird.
Diese schöne politische Ehestands-Tugend erwirbt man aber nur in der Schule der Weis- heit und langer geprüfter Erfahrung. Es wird vielleicht bey einer andern Gelegenheit die Re- de davon seyn können, was für Gedult wir Untergebene unsers unterthänigen Theils mit unsern allergnädigsten und gnädigen Herrn ha- ben müssen; hier ist nur von Ihrer Gedult mit uns die Frage, und da steht die Regel fest: Der König, der Fürst, ist der Herr; und wir sind die Frau, es sey nun pro mutuo adjutorio, oder uns von ihm liebkosen oder plagen zu lassen.
Wann die Gedult überhaupt eine hohe Tugend ist, so könnte man sie, in Hinsicht auf die Mi- nisters, noch vorzüglich eine Königliche, eine Monarchen-Tugen nennen; nicht zwar in dem Sinn, wie der einfältige Ludwig XIII. in Frank- reich, welcher an dem Cardinal von Richelieu noch einen König über sich hatte, und daher bey dessen Tod für Freuden ausrief: Gott lob! nun bin ich wieder König. Denn gewöhnlich wählen schwache Regenten noch schwächere
dung auf diese gesagt seyn lassen, sondern wenn sie in dieser Tugend so erstarken, daſs ihnen Gedult zu haben endlich zu einer hei- ligen Pflicht und Gewohnheit wird.
Diese schöne politische Ehestands-Tugend erwirbt man aber nur in der Schule der Weis- heit und langer geprüfter Erfahrung. Es wird vielleicht bey einer andern Gelegenheit die Re- de davon seyn können, was für Gedult wir Untergebene unsers unterthänigen Theils mit unsern allergnädigsten und gnädigen Herrn ha- ben müssen; hier ist nur von Ihrer Gedult mit uns die Frage, und da steht die Regel fest: Der König, der Fürst, ist der Herr; und wir sind die Frau, es sey nun pro mutuo adjutorio, oder uns von ihm liebkosen oder plagen zu lassen.
Wann die Gedult überhaupt eine hohe Tugend ist, so könnte man sie, in Hinsicht auf die Mi- nisters, noch vorzüglich eine Königliche, eine Monarchen-Tugen nennen; nicht zwar in dem Sinn, wie der einfältige Ludwig XIII. in Frank- reich, welcher an dem Cardinal von Richelieu noch einen König über sich hatte, und daher bey dessen Tod für Freuden ausrief: Gott lob! nun bin ich wieder König. Denn gewöhnlich wählen schwache Regenten noch schwächere
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dung auf diese gesagt seyn lassen, sondern
wenn sie in dieser Tugend so erstarken, daſs
ihnen Gedult zu haben endlich zu einer hei-
ligen Pflicht und Gewohnheit wird.
Diese schöne politische Ehestands-Tugend
erwirbt man aber nur in der Schule der Weis-
heit und langer geprüfter Erfahrung. Es wird
vielleicht bey einer andern Gelegenheit die Re-
de davon seyn können, was für Gedult wir
Untergebene unsers unterthänigen Theils mit
unsern allergnädigsten und gnädigen Herrn ha-
ben müssen; hier ist nur von Ihrer Gedult mit
uns die Frage, und da steht die Regel fest: Der
König, der Fürst, ist der Herr; und wir sind die
Frau, es sey nun pro mutuo adjutorio, oder
uns von ihm liebkosen oder plagen zu lassen.
Wann die Gedult überhaupt eine hohe Tugend
ist, so könnte man sie, in Hinsicht auf die Mi-
nisters, noch vorzüglich eine Königliche, eine
Monarchen-Tugen nennen; nicht zwar in dem
Sinn, wie der einfältige Ludwig XIII. in Frank-
reich, welcher an dem Cardinal von Richelieu
noch einen König über sich hatte, und daher
bey dessen Tod für Freuden ausrief: Gott lob!
nun bin ich wieder König. Denn gewöhnlich
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/169>, abgerufen am 22.11.2024.
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