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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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hen muss, dass seine besten Anschläge scheitern,
wie es Joseph II. mit der Reforme in den Ni-
derlanden und mit Verbesserung des Reichs-Ju-
stiz-Wesens ergangen ist; wenn er endlich
sieht, dass ers nicht zwingen kann, sondern,
um nur Uebel nicht ärger zu machen und gar
Rebellionen zu erwecken, selbst nachgeben und
seine Befehle und Anstalten, wie Joseph II. in
Ungarn, wieder zurücknehmen, ja denen Wi-
dersetzlichen, um sie nur zu besänftigen, zu-
lezt noch gute Worte geben, ihre Vorwürfe
aber dulden und verschlucken muss; wenn er
die allmählig in die ganze Verfassung eines
Reichs eingewebte und durch dessen Grund-Ge-
setze vollends sanctionirte Mängel, Gebrechen
nnd Missbräuche gerne verbessern oder gar ab-
schaffen möchte, und durch seinen Eyd, oder
durch seine eigene Reichs- und Landstände
daran gehindert wird, oder, um seiner eigenen
Ohnmacht und Unkraft willen, nicht kann und nicht
darf; überhaupt, wenn er um der Noth der Zei-
ten willen nicht nur gegen seine Neigung und
Ueberzeugung, sondern auch gegen seine son-
stige Grundsätze handeln und der höhern Ge-
walt weichen muss.


hen muſs, daſs seine besten Anschläge scheitern,
wie es Joseph II. mit der Reforme in den Ni-
derlanden und mit Verbesserung des Reichs-Ju-
stiz-Wesens ergangen ist; wenn er endlich
sieht, daſs ers nicht zwingen kann, sondern,
um nur Uebel nicht ärger zu machen und gar
Rebellionen zu erwecken, selbst nachgeben und
seine Befehle und Anstalten, wie Joseph II. in
Ungarn, wieder zurücknehmen, ja denen Wi-
dersetzlichen, um sie nur zu besänftigen, zu-
lezt noch gute Worte geben, ihre Vorwürfe
aber dulden und verschlucken muſs; wenn er
die allmählig in die ganze Verfassung eines
Reichs eingewebte und durch dessen Grund-Ge-
setze vollends sanctionirte Mängel, Gebrechen
nnd Miſsbräuche gerne verbessern oder gar ab-
schaffen möchte, und durch seinen Eyd, oder
durch seine eigene Reichs- und Landstände
daran gehindert wird, oder, um seiner eigenen
Ohnmacht und Unkraft willen, nicht kann und nicht
darf; überhaupt, wenn er um der Noth der Zei-
ten willen nicht nur gegen seine Neigung und
Ueberzeugung, sondern auch gegen seine son-
stige Grundsätze handeln und der höhern Ge-
walt weichen muſs.


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[159/0165] hen muſs, daſs seine besten Anschläge scheitern, wie es Joseph II. mit der Reforme in den Ni- derlanden und mit Verbesserung des Reichs-Ju- stiz-Wesens ergangen ist; wenn er endlich sieht, daſs ers nicht zwingen kann, sondern, um nur Uebel nicht ärger zu machen und gar Rebellionen zu erwecken, selbst nachgeben und seine Befehle und Anstalten, wie Joseph II. in Ungarn, wieder zurücknehmen, ja denen Wi- dersetzlichen, um sie nur zu besänftigen, zu- lezt noch gute Worte geben, ihre Vorwürfe aber dulden und verschlucken muſs; wenn er die allmählig in die ganze Verfassung eines Reichs eingewebte und durch dessen Grund-Ge- setze vollends sanctionirte Mängel, Gebrechen nnd Miſsbräuche gerne verbessern oder gar ab- schaffen möchte, und durch seinen Eyd, oder durch seine eigene Reichs- und Landstände daran gehindert wird, oder, um seiner eigenen Ohnmacht und Unkraft willen, nicht kann und nicht darf; überhaupt, wenn er um der Noth der Zei- ten willen nicht nur gegen seine Neigung und Ueberzeugung, sondern auch gegen seine son- stige Grundsätze handeln und der höhern Ge- walt weichen muſs.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/165>, abgerufen am 22.11.2024.