mächtigen, willig und tief beugenden Monar- chen oder Fürsten zu sehen! Die Geschichte hat uns das Andenken davon in verschiedenen ältern und neuern Beyspielen aufbehalten; und es ist zu hoffen, dass diese Art noch nicht ganz ausgegangen sey. Gott weisst es am be- sten, der das Verborgene der Herzen durch- forscht, und die Viele der jezigen Johannes sine terra kennt. Die Folge ihres Lebens wird zeigen, was für Früchte sie bringen werden.
Gedult sezt aber Gottes-Kenntniss, Selbst- Kenntniss, Menschen-Kenntniss und Demuth voraus -- und daran fehlt es bey vielen Köni- gen und Fürsten offenbar. Nach Gott fragen sie nichts; sich selbst zu kennen sind sie zu eitel und zu voll von Eigenliebe; Menschen genugsam kennen zu lernen, sind sie zu faul oder beurtheilen sie nur nach sich selbst, und gegen Demuth straübt und empört sich ihr phi- losophischer oder auch unphilosophischer Stolz. Da sie von ihrer Wiege an nur allzusehr ge- wöhnet werden, ihren eigenen Willen und we- nige oder gar keine Gedult zu haben, und da- her auch in dem Fortgang ihres Lebens, jeden Anblick oder Vorstellungen menschlicher Noth und Elends mit dem leichtsinnigen Ausspruch
mächtigen, willig und tief beugenden Monar- chen oder Fürsten zu sehen! Die Geschichte hat uns das Andenken davon in verschiedenen ältern und neuern Beyspielen aufbehalten; und es ist zu hoffen, daſs diese Art noch nicht ganz ausgegangen sey. Gott weiſst es am be- sten, der das Verborgene der Herzen durch- forscht, und die Viele der jezigen Johannes sine terra kennt. Die Folge ihres Lebens wird zeigen, was für Früchte sie bringen werden.
Gedult sezt aber Gottes-Kenntniſs, Selbst- Kenntniſs, Menschen-Kenntniſs und Demuth voraus — und daran fehlt es bey vielen Köni- gen und Fürsten offenbar. Nach Gott fragen sie nichts; sich selbst zu kennen sind sie zu eitel und zu voll von Eigenliebe; Menschen genugsam kennen zu lernen, sind sie zu faul oder beurtheilen sie nur nach sich selbst, und gegen Demuth straübt und empört sich ihr phi- losophischer oder auch unphilosophischer Stolz. Da sie von ihrer Wiege an nur allzusehr ge- wöhnet werden, ihren eigenen Willen und we- nige oder gar keine Gedult zu haben, und da- her auch in dem Fortgang ihres Lebens, jeden Anblick oder Vorstellungen menschlicher Noth und Elends mit dem leichtsinnigen Ausspruch
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mächtigen, willig und tief beugenden Monar-
chen oder Fürsten zu sehen! Die Geschichte
hat uns das Andenken davon in verschiedenen
ältern und neuern Beyspielen aufbehalten; und
es ist zu hoffen, daſs diese Art noch nicht
ganz ausgegangen sey. Gott weiſst es am be-
sten, der das Verborgene der Herzen durch-
forscht, und die Viele der jezigen Johannes
sine terra kennt. Die Folge ihres Lebens wird
zeigen, was für Früchte sie bringen werden.
Gedult sezt aber Gottes-Kenntniſs, Selbst-
Kenntniſs, Menschen-Kenntniſs und Demuth
voraus — und daran fehlt es bey vielen Köni-
gen und Fürsten offenbar. Nach Gott fragen
sie nichts; sich selbst zu kennen sind sie zu
eitel und zu voll von Eigenliebe; Menschen
genugsam kennen zu lernen, sind sie zu faul
oder beurtheilen sie nur nach sich selbst, und
gegen Demuth straübt und empört sich ihr phi-
losophischer oder auch unphilosophischer Stolz.
Da sie von ihrer Wiege an nur allzusehr ge-
wöhnet werden, ihren eigenen Willen und we-
nige oder gar keine Gedult zu haben, und da-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/155>, abgerufen am 22.11.2024.
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