und Hochachtung zuzumuthen, so lange sie sich selbst deren nicht besser, als bisher, wür- dig machen. Denn wie viele sind noch unter ihnen, denen im Grund nicht gleichgültig ist, ob man sie liebt oder hasst; ob man sie lobt oder tadelt? Die vielmehr innerlich sich mit dem: Oderint, dum metuant, beruhigen; die sich daran genügen lassen, ihr Reich, Land oder Ländgen zu haben und es nach ihren Ge- lüsten und Phantasien geniessen zu können; die zufrieden sind, wenn es nur hält, so lang sie leben; die sich um die Nachkommen, die sonst immer das zweyte Wort in den Mund und Sinn alter guter Fürsten waren, nichts be- kümmern; die sich über das Urtheil der Welt, ihrer Zeitgenossen und der Geschichte, mit ei- ner unverschämten Fühllosigkeit hinwegsetzen; die nichts mehr rührt, als ihr Stolz, Ehrgeiz, und unersättliche Habsucht; die, wo es noch am erträglichsten geht, mit dem alten Fabulisten, Reineke Fuchs, denken und sprechen:
Johannes, der fromm heilig Mann Zeigt uns den Weg zur Wahrheit an, Den wir ja billig hören sollen; Wir thun darnach, was wir wollen.
und Hochachtung zuzumuthen, so lange sie sich selbst deren nicht besser, als bisher, wür- dig machen. Denn wie viele sind noch unter ihnen, denen im Grund nicht gleichgültig ist, ob man sie liebt oder haſst; ob man sie lobt oder tadelt? Die vielmehr innerlich sich mit dem: Oderint, dum metuant, beruhigen; die sich daran genügen lassen, ihr Reich, Land oder Ländgen zu haben und es nach ihren Ge- lüsten und Phantasien geniessen zu können; die zufrieden sind, wenn es nur hält, so lang sie leben; die sich um die Nachkommen, die sonst immer das zweyte Wort in den Mund und Sinn alter guter Fürsten waren, nichts be- kümmern; die sich über das Urtheil der Welt, ihrer Zeitgenossen und der Geschichte, mit ei- ner unverschämten Fühllosigkeit hinwegsetzen; die nichts mehr rührt, als ihr Stolz, Ehrgeiz, und unersättliche Habsucht; die, wo es noch am erträglichsten geht, mit dem alten Fabulisten, Reineke Fuchs, denken und sprechen:
Johannes, der fromm heilig Mann Zeigt uns den Weg zur Wahrheit an, Den wir ja billig hören sollen; Wir thun darnach, was wir wollen.
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und Hochachtung zuzumuthen, so lange sie
sich selbst deren nicht besser, als bisher, wür-
dig machen. Denn wie viele sind noch unter
ihnen, denen im Grund nicht gleichgültig ist,
ob man sie liebt oder haſst; ob man sie lobt
oder tadelt? Die vielmehr innerlich sich mit
dem: Oderint, dum metuant, beruhigen; die
sich daran genügen lassen, ihr Reich, Land
oder Ländgen zu haben und es nach ihren Ge-
lüsten und Phantasien geniessen zu können;
die zufrieden sind, wenn es nur hält, so lang
sie leben; die sich um die Nachkommen, die
sonst immer das zweyte Wort in den Mund
und Sinn alter guter Fürsten waren, nichts be-
kümmern; die sich über das Urtheil der Welt,
ihrer Zeitgenossen und der Geschichte, mit ei-
ner unverschämten Fühllosigkeit hinwegsetzen;
die nichts mehr rührt, als ihr Stolz, Ehrgeiz,
und unersättliche Habsucht; die, wo es noch
am erträglichsten geht, mit dem alten Fabulisten,
Reineke Fuchs, denken und sprechen:
Johannes, der fromm heilig Mann
Zeigt uns den Weg zur Wahrheit an,
Den wir ja billig hören sollen;
Wir thun darnach, was wir wollen.
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/128>, abgerufen am 22.11.2024.
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