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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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schwerer, bedenklicher, ja beynahe unmöglich
gemacht.


Moralische Krankheiten waren immer in der
Welt, wie physische; jene haben aber auch,
wie diese, ihre Zeiten des Anfangs, ihrer Fort-
schritte, Wachsthums und allgemeinern Verbrei-
tung gehabt. Man weiss und nennt von man-
chen Krankheiten die Zeit, die Nation, wodurch
sie zu uns gekommen, die Ursachen der Ent-
stehung und die besten Methoden der Heilung.
Wie wünschenswürdig wäre es, wenn wir der-
gleichen Haus- und Heilmittel auch gegen mo-
ralische Uebel, insbesondere gegen die, von
dem Licht und Geist der Wahrheit so himmel-
weit unterschiedene, immer, ungestümmer,
wilder, unverschämter werdende Frechheit un-
serer Tage hätten.

Die Cur wäre leicht und kurz, wenn wir
nebst bessern Menschen auch bessere Fürsten
hätten; wie bald würden sich alle Stimmen,
Hände und Herzen zu mehr als Plinianischen
Lobreden vereinigen. So wie die Sachen aber
jezo stehen, so wäre es eine Beleidigung des
menschlichen Verstandes, eine Verschuldung
gegen die Menschheit selbst, ihrem Volk Liebe

schwerer, bedenklicher, ja beynahe unmöglich
gemacht.


Moralische Krankheiten waren immer in der
Welt, wie physische; jene haben aber auch,
wie diese, ihre Zeiten des Anfangs, ihrer Fort-
schritte, Wachsthums und allgemeinern Verbrei-
tung gehabt. Man weiſs und nennt von man-
chen Krankheiten die Zeit, die Nation, wodurch
sie zu uns gekommen, die Ursachen der Ent-
stehung und die besten Methoden der Heilung.
Wie wünschenswürdig wäre es, wenn wir der-
gleichen Haus- und Heilmittel auch gegen mo-
ralische Uebel, insbesondere gegen die, von
dem Licht und Geist der Wahrheit so himmel-
weit unterschiedene, immer, ungestümmer,
wilder, unverschämter werdende Frechheit un-
serer Tage hätten.

Die Cur wäre leicht und kurz, wenn wir
nebst bessern Menschen auch bessere Fürsten
hätten; wie bald würden sich alle Stimmen,
Hände und Herzen zu mehr als Plinianischen
Lobreden vereinigen. So wie die Sachen aber
jezo stehen, so wäre es eine Beleidigung des
menschlichen Verstandes, eine Verschuldung
gegen die Menschheit selbst, ihrem Volk Liebe

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[121/0127] schwerer, bedenklicher, ja beynahe unmöglich gemacht. Moralische Krankheiten waren immer in der Welt, wie physische; jene haben aber auch, wie diese, ihre Zeiten des Anfangs, ihrer Fort- schritte, Wachsthums und allgemeinern Verbrei- tung gehabt. Man weiſs und nennt von man- chen Krankheiten die Zeit, die Nation, wodurch sie zu uns gekommen, die Ursachen der Ent- stehung und die besten Methoden der Heilung. Wie wünschenswürdig wäre es, wenn wir der- gleichen Haus- und Heilmittel auch gegen mo- ralische Uebel, insbesondere gegen die, von dem Licht und Geist der Wahrheit so himmel- weit unterschiedene, immer, ungestümmer, wilder, unverschämter werdende Frechheit un- serer Tage hätten. Die Cur wäre leicht und kurz, wenn wir nebst bessern Menschen auch bessere Fürsten hätten; wie bald würden sich alle Stimmen, Hände und Herzen zu mehr als Plinianischen Lobreden vereinigen. So wie die Sachen aber jezo stehen, so wäre es eine Beleidigung des menschlichen Verstandes, eine Verschuldung gegen die Menschheit selbst, ihrem Volk Liebe

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/127>, abgerufen am 22.11.2024.