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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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Vielmehr ist je eine Zeit furchtbar vor böse
Fürsten und fruchtbar an öffentlichem und ge-
heimem Tadel schlechter Regierungen, an Straf-
und Spottschriften der mannichfaltigsten Gattung
gegen böse, schlechte und schwache Regenten
gewesen, so ist es die jezige seit den Zeiten
des sogenannten siebenjährigen Kriegs, oder
seit 40. Jahren.

Man wartet heut zu Tag nicht mehr so lan-
ge, biss sie von dem Schauplatz abgetreten und
der Todtengeruch völlig verdampft ist, man
scalpirt sie noch unter ihrem Nahmen, bey ih-
rem Leben; und wenn alle in Journalen und ano-
nymen Schriften enthaltene Satyren, Epigram-
men, alle auf schlechte Regenten und heillose
Ministers gefertigte Lieder, Kupferstiche, würk-
lich geprägte oder ausgedachte Münzen nur
von der Hälfte dieses Jahrhunderts her in Eine
Sammlung gebracht und die etwa dunkle Stel-
len behörig commentirt würden, so dürfte sie
eine noch bändereichere Bibliothek der garstigen
Wissenschaften werden, als wir bereits eine
von den schönen haben, und in Kurzem das be-
rühmte Theatrum Diabolorum an Corpulenz über-
treffen.

Vielmehr ist je eine Zeit furchtbar vor böse
Fürsten und fruchtbar an öffentlichem und ge-
heimem Tadel schlechter Regierungen, an Straf-
und Spottschriften der mannichfaltigsten Gattung
gegen böse, schlechte und schwache Regenten
gewesen, so ist es die jezige seit den Zeiten
des sogenannten siebenjährigen Kriegs, oder
seit 40. Jahren.

Man wartet heut zu Tag nicht mehr so lan-
ge, biſs sie von dem Schauplatz abgetreten und
der Todtengeruch völlig verdampft ist, man
scalpirt sie noch unter ihrem Nahmen, bey ih-
rem Leben; und wenn alle in Journalen und ano-
nymen Schriften enthaltene Satyren, Epigram-
men, alle auf schlechte Regenten und heillose
Ministers gefertigte Lieder, Kupferstiche, würk-
lich geprägte oder ausgedachte Münzen nur
von der Hälfte dieses Jahrhunderts her in Eine
Sammlung gebracht und die etwa dunkle Stel-
len behörig commentirt würden, so dürfte sie
eine noch bändereichere Bibliothek der garstigen
Wissenschaften werden, als wir bereits eine
von den schönen haben, und in Kurzem das be-
rühmte Theatrum Diabolorum an Corpulenz über-
treffen.

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[118/0124] Vielmehr ist je eine Zeit furchtbar vor böse Fürsten und fruchtbar an öffentlichem und ge- heimem Tadel schlechter Regierungen, an Straf- und Spottschriften der mannichfaltigsten Gattung gegen böse, schlechte und schwache Regenten gewesen, so ist es die jezige seit den Zeiten des sogenannten siebenjährigen Kriegs, oder seit 40. Jahren. Man wartet heut zu Tag nicht mehr so lan- ge, biſs sie von dem Schauplatz abgetreten und der Todtengeruch völlig verdampft ist, man scalpirt sie noch unter ihrem Nahmen, bey ih- rem Leben; und wenn alle in Journalen und ano- nymen Schriften enthaltene Satyren, Epigram- men, alle auf schlechte Regenten und heillose Ministers gefertigte Lieder, Kupferstiche, würk- lich geprägte oder ausgedachte Münzen nur von der Hälfte dieses Jahrhunderts her in Eine Sammlung gebracht und die etwa dunkle Stel- len behörig commentirt würden, so dürfte sie eine noch bändereichere Bibliothek der garstigen Wissenschaften werden, als wir bereits eine von den schönen haben, und in Kurzem das be- rühmte Theatrum Diabolorum an Corpulenz über- treffen.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/124>, abgerufen am 22.11.2024.