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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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leiten, da hingegen eine beissende Satyre einen
Tyrannen schrecken und zurechtbringen kann *).

Freilich kommt es viel darauf an: Wer auf
beeden Seiten des Lobens und Tadelns der Mann
ist, aus dessen Munde eines oder-das andere
kommt: Wie die Melodie ist, in deren beedes
vorgesungen wird; ob es ein weiser Nathan
ist, der dem empfänglichen Herzen eines sonst
rechtschaffenen Königs seinen Ehebruch unter
der sprechenden Allegorie des geraubten Schaafs
selbst fühlbar machen kann; oder der nur durch
das Horazische: Ridendo dicere verum, oder
durch sein:

Misce stultitiam consiliis brevem;
Dulce est, desipere in loco,

dem überall verpanzerten Mann beyzukommen
vermag.

Die Regel steht fest: Je schwächer ein Fürst
ist, desto gewisser wird er durch Loben und
Schmeicheln verdorben, und noch schwächer
und schlechter gemacht. Diss geschieht aber
nicht nur durch die Neger-Art der meisten
Hofleute und kriechender Cabinets-Würme,
sondern eben so sehr durch allzugefällige Hof-

*) V. l'Esprit p. 59.

leiten, da hingegen eine beissende Satyre einen
Tyrannen schrecken und zurechtbringen kann *).

Freilich kommt es viel darauf an: Wer auf
beeden Seiten des Lobens und Tadelns der Mann
ist, aus dessen Munde eines oder-das andere
kommt: Wie die Melodie ist, in deren beedes
vorgesungen wird; ob es ein weiser Nathan
ist, der dem empfänglichen Herzen eines sonst
rechtschaffenen Königs seinen Ehebruch unter
der sprechenden Allegorie des geraubten Schaafs
selbst fühlbar machen kann; oder der nur durch
das Horazische: Ridendo dicere verum, oder
durch sein:

Misce stultitiam consiliis brevem;
Dulce est, desipere in loco,

dem überall verpanzerten Mann beyzukommen
vermag.

Die Regel steht fest: Je schwächer ein Fürst
ist, desto gewisser wird er durch Loben und
Schmeicheln verdorben, und noch schwächer
und schlechter gemacht. Diſs geschieht aber
nicht nur durch die Neger-Art der meisten
Hofleute und kriechender Cabinets-Würme,
sondern eben so sehr durch allzugefällige Hof-

*) V. l’Esprit p. 59.
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[101/0107] leiten, da hingegen eine beissende Satyre einen Tyrannen schrecken und zurechtbringen kann *). Freilich kommt es viel darauf an: Wer auf beeden Seiten des Lobens und Tadelns der Mann ist, aus dessen Munde eines oder-das andere kommt: Wie die Melodie ist, in deren beedes vorgesungen wird; ob es ein weiser Nathan ist, der dem empfänglichen Herzen eines sonst rechtschaffenen Königs seinen Ehebruch unter der sprechenden Allegorie des geraubten Schaafs selbst fühlbar machen kann; oder der nur durch das Horazische: Ridendo dicere verum, oder durch sein: Misce stultitiam consiliis brevem; Dulce est, desipere in loco, dem überall verpanzerten Mann beyzukommen vermag. Die Regel steht fest: Je schwächer ein Fürst ist, desto gewisser wird er durch Loben und Schmeicheln verdorben, und noch schwächer und schlechter gemacht. Diſs geschieht aber nicht nur durch die Neger-Art der meisten Hofleute und kriechender Cabinets-Würme, sondern eben so sehr durch allzugefällige Hof- *) V. l’Esprit p. 59.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/107>, abgerufen am 25.11.2024.