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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

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in dem ihm eigenen barschen Ton schon zu
seiner Zeit geeifert hat.

"Loben und schmeicheln kann endlich ein je-
der; und ist eben dieses die Quelle und vornehm-
ste Ursache des Verderbens aller Regenten, dass
ihnen die Wahrheit so verdriesslich, und das
Liebkosen so angenehm ist; sie möchten aber
gewisslich glauben, dass sie keinen grössern
Schatz, als gewissenhafte und wahrheitslieben-
de und redende Diener haben können"; sagte
mehr denn hundert Jahre nachher der politische
ehrwürdige Heilige, Veit von Seckendorf *);
und noch ist wahr, dass unverdientes Lob und
Schmeicheley mehr Unheil anrichten, als der
beissendste Spott und ungerechteste Tadel,
indem, nach des Helvetius auf Erfahrung
sich gründenden Meinung, eine Schmeicheley
einen sonst wohl denkenden Fürsten unvermerkt
von dem Weg des Rechts und der Tugend ab-

oder vom Guten abgezogen wird, schadet es allen Un-
terthanen. Es ist auch nichts schädlichers in einem
Lande, als ein Schmeichler am Hofe. Wir dürfen nicht
klagen über Krieg, Schwerdt und Waffen; denn eines
Schmeichlers Zunge ist ärger als alle Schwerdter. Darum
sollte man solche Tellerlecker weit von Hofe wegjagen
und ernstlich strafen". T. IV. Lips. p. 79.
*) In seinem Christen-Staat. S. 228.

in dem ihm eigenen barschen Ton schon zu
seiner Zeit geeifert hat.

„Loben und schmeicheln kann endlich ein je-
der; und ist eben dieses die Quelle und vornehm-
ste Ursache des Verderbens aller Regenten, daſs
ihnen die Wahrheit so verdrieſslich, und das
Liebkosen so angenehm ist; sie möchten aber
gewiſslich glauben, daſs sie keinen gröſsern
Schatz, als gewissenhafte und wahrheitslieben-
de und redende Diener haben können„; sagte
mehr denn hundert Jahre nachher der politische
ehrwürdige Heilige, Veit von Seckendorf *);
und noch ist wahr, daſs unverdientes Lob und
Schmeicheley mehr Unheil anrichten, als der
beissendste Spott und ungerechteste Tadel,
indem, nach des Helvetius auf Erfahrung
sich gründenden Meinung, eine Schmeicheley
einen sonst wohl denkenden Fürsten unvermerkt
von dem Weg des Rechts und der Tugend ab-

oder vom Guten abgezogen wird, schadet es allen Un-
terthanen. Es ist auch nichts schädlichers in einem
Lande, als ein Schmeichler am Hofe. Wir dürfen nicht
klagen über Krieg, Schwerdt und Waffen; denn eines
Schmeichlers Zunge ist ärger als alle Schwerdter. Darum
sollte man solche Tellerlecker weit von Hofe wegjagen
und ernstlich ſtrafen„. T. IV. Lips. p. 79.
*) In seinem Christen-Staat. S. 228.
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[100/0106] in dem ihm eigenen barschen Ton schon zu seiner Zeit geeifert hat. „Loben und schmeicheln kann endlich ein je- der; und ist eben dieses die Quelle und vornehm- ste Ursache des Verderbens aller Regenten, daſs ihnen die Wahrheit so verdrieſslich, und das Liebkosen so angenehm ist; sie möchten aber gewiſslich glauben, daſs sie keinen gröſsern Schatz, als gewissenhafte und wahrheitslieben- de und redende Diener haben können„; sagte mehr denn hundert Jahre nachher der politische ehrwürdige Heilige, Veit von Seckendorf *); und noch ist wahr, daſs unverdientes Lob und Schmeicheley mehr Unheil anrichten, als der beissendste Spott und ungerechteste Tadel, indem, nach des Helvetius auf Erfahrung sich gründenden Meinung, eine Schmeicheley einen sonst wohl denkenden Fürsten unvermerkt von dem Weg des Rechts und der Tugend ab- †) *) In seinem Christen-Staat. S. 228. †) oder vom Guten abgezogen wird, schadet es allen Un- terthanen. Es ist auch nichts schädlichers in einem Lande, als ein Schmeichler am Hofe. Wir dürfen nicht klagen über Krieg, Schwerdt und Waffen; denn eines Schmeichlers Zunge ist ärger als alle Schwerdter. Darum sollte man solche Tellerlecker weit von Hofe wegjagen und ernstlich ſtrafen„. T. IV. Lips. p. 79.

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/106>, abgerufen am 22.11.2024.