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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

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So glänzend und blendend die Theorie von
Gleichheit der Stände in der blossen Beschauung
ist, so gewiss wäre es die grösste Strafe vor
die civilisirte Menschheit, wenn sie je, auch
nur in einer gemässigten Ausdehnung, in Er-
füllung gebracht werden könnte. Die Lehrer
davon, wenn sie nicht just solche Misantropen,
wie ihr Erfinder, Rousseau, wären, würden
dabey selbst am übelsten dran seyn, und das
bethörte Volk früh genug Ursache finden, die-
sen Freyheits- und Gleichheits-Phantasten eher
zu fluchen, als sie zu segnen, und jeder sich
das Maas und Gewicht mit welchen er geboh-
ren, und die Form nach welcher er in das grosse
Band der menschlichen Gesellschaft eingekettet
ist, wieder zurückwünschen. Die Erfahrung
weniger Jahre hat in Frankreich bereits bewie-
sen, welche Greuel von Gesetzlosigkeit und
Insubordination, welche Zerrüttung aller gesel-
ligen Ordnung, welche Verwirrung der Köpfe,
welche tolle Anmassungen und Schwindeleyen
diese philosophische Narrheit schon nach sich
gezogen hat.

Von mehrerer Gleichheit in Tragung gemei-
ner Lasten und Abgaben, von mehrerem Gleich-
gewicht zwischen der geniessenden und arbei-

So glänzend und blendend die Theorie von
Gleichheit der Stände in der bloſsen Beschauung
ist, so gewiſs wäre es die gröſste Strafe vor
die civilisirte Menschheit, wenn sie je, auch
nur in einer gemäſsigten Ausdehnung, in Er-
füllung gebracht werden könnte. Die Lehrer
davon, wenn sie nicht just solche Misantropen,
wie ihr Erfinder, Rouſseau, wären, würden
dabey selbst am übelsten dran seyn, und das
bethörte Volk früh genug Ursache finden, die-
sen Freyheits- und Gleichheits-Phantasten eher
zu fluchen, als sie zu segnen, und jeder sich
das Maas und Gewicht mit welchen er geboh-
ren, und die Form nach welcher er in das groſse
Band der menschlichen Gesellschaft eingekettet
ist, wieder zurückwünschen. Die Erfahrung
weniger Jahre hat in Frankreich bereits bewie-
sen, welche Greuel von Gesetzlosigkeit und
Insubordination, welche Zerrüttung aller gesel-
ligen Ordnung, welche Verwirrung der Köpfe,
welche tolle Anmaſsungen und Schwindeleyen
diese philosophische Narrheit schon nach sich
gezogen hat.

Von mehrerer Gleichheit in Tragung gemei-
ner Lasten und Abgaben, von mehrerem Gleich-
gewicht zwischen der geniessenden und arbei-

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[72/0078] So glänzend und blendend die Theorie von Gleichheit der Stände in der bloſsen Beschauung ist, so gewiſs wäre es die gröſste Strafe vor die civilisirte Menschheit, wenn sie je, auch nur in einer gemäſsigten Ausdehnung, in Er- füllung gebracht werden könnte. Die Lehrer davon, wenn sie nicht just solche Misantropen, wie ihr Erfinder, Rouſseau, wären, würden dabey selbst am übelsten dran seyn, und das bethörte Volk früh genug Ursache finden, die- sen Freyheits- und Gleichheits-Phantasten eher zu fluchen, als sie zu segnen, und jeder sich das Maas und Gewicht mit welchen er geboh- ren, und die Form nach welcher er in das groſse Band der menschlichen Gesellschaft eingekettet ist, wieder zurückwünschen. Die Erfahrung weniger Jahre hat in Frankreich bereits bewie- sen, welche Greuel von Gesetzlosigkeit und Insubordination, welche Zerrüttung aller gesel- ligen Ordnung, welche Verwirrung der Köpfe, welche tolle Anmaſsungen und Schwindeleyen diese philosophische Narrheit schon nach sich gezogen hat. Von mehrerer Gleichheit in Tragung gemei- ner Lasten und Abgaben, von mehrerem Gleich- gewicht zwischen der geniessenden und arbei-

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Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/78>, abgerufen am 24.11.2024.