gung seiner Thaten und der ganzen Höhe sei- nes Geistes, muss oft die Stelle der Liebe ver- treten, und hat in solchem Fall bey dem Volk in Hinsicht des Gehorsams auch die nemliche Würkung. Ich erinnere mich nicht ohne Rüh- rung einer solchen Scene auf meiner nordi- schen Reise im Jahr 1773. wo ich bey einem zugleich die Post versehenden Königl. Preussi- schen Beamten und Pächter ohnweit Memel übernachten musste, der in den ungemessensten Ausdrüken über seinen König, über des Juden Ephraim Münz-Haushaltung, über die neuange- kommene französische Pächter und die allge- meine Armuth u. s. w. loszog, den König einmal über das andere einen Tyrannen, einen Volks- schinder, einen Roi des Pauvres, statt Roi de Prusse, nannte, in Erzählung des mannigfalti- gen Volksdrucks sich heiser redete, und end- lich seine Invectiven mit denen in der stärksten Empfindung ausgesprochenen Worten schloss: Es ist aber doch ein grosser König! Wo- zu ich, nach einem langen bedächtlichen Still- schweigen auf seine vorige Schmähungen, ein freywilliges Amen! sagte.
Da nun in einer Monarchie so sehr vieles
auf
gung seiner Thaten und der ganzen Höhe sei- nes Geistes, muſs oft die Stelle der Liebe ver- treten, und hat in solchem Fall bey dem Volk in Hinsicht des Gehorsams auch die nemliche Würkung. Ich erinnere mich nicht ohne Rüh- rung einer solchen Scene auf meiner nordi- schen Reise im Jahr 1773. wo ich bey einem zugleich die Post versehenden Königl. Preuſsi- schen Beamten und Pächter ohnweit Memel übernachten muſste, der in den ungemessensten Ausdrüken über seinen König, über des Juden Ephraim Münz-Haushaltung, über die neuange- kommene französische Pächter und die allge- meine Armuth u. s. w. loszog, den König einmal über das andere einen Tyrannen, einen Volks- schinder, einen Roi des Pauvres, statt Roi de Prusse, nannte, in Erzählung des mannigfalti- gen Volksdrucks sich heiser redete, und end- lich seine Invectiven mit denen in der stärksten Empfindung ausgesprochenen Worten schloſs: Es ist aber doch ein groſser König! Wo- zu ich, nach einem langen bedächtlichen Still- schweigen auf seine vorige Schmähungen, ein freywilliges Amen! sagte.
Da nun in einer Monarchie so sehr vieles
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gung seiner Thaten und der ganzen Höhe sei-
nes Geistes, muſs oft die Stelle der Liebe ver-
treten, und hat in solchem Fall bey dem Volk
in Hinsicht des Gehorsams auch die nemliche
Würkung. Ich erinnere mich nicht ohne Rüh-
rung einer solchen Scene auf meiner nordi-
schen Reise im Jahr 1773. wo ich bey einem
zugleich die Post versehenden Königl. Preuſsi-
schen Beamten und Pächter ohnweit Memel
übernachten muſste, der in den ungemessensten
Ausdrüken über seinen König, über des Juden
Ephraim Münz-Haushaltung, über die neuange-
kommene französische Pächter und die allge-
meine Armuth u. s. w. loszog, den König einmal
über das andere einen Tyrannen, einen Volks-
schinder, einen Roi des Pauvres, statt Roi de
Prusse, nannte, in Erzählung des mannigfalti-
gen Volksdrucks sich heiser redete, und end-
lich seine Invectiven mit denen in der stärksten
Empfindung ausgesprochenen Worten schloſs:
Es ist aber doch ein groſser König! Wo-
zu ich, nach einem langen bedächtlichen Still-
schweigen auf seine vorige Schmähungen, ein
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/70>, abgerufen am 16.02.2025.
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