Es wird unstreitig viele, mit Anhörung un- nöthiger Weitläufigkeiten und noch unnützerer Widersprüche, Zweifel und Zänkereyen, frucht- los verschwendete Zeit erspart.
Der Regent gewöhnt sich an einen unpartheyi- schern, bloss auf die Sache selbst, wenn ihr pro und contra redlich vorgetragen wird, ge- richteten Blick.
Er gewöhnt sich an eine gelassenere und ru- higere Beurtheilung von Personen und Sachen. Diss ist besonders nöthig und eine Regel prac- tischer Lebens-Weisheit bey raschen, hitzigen und eine Sache gleich beym ersten Blick zu übersehen glaubenden Herrn; ein Kunstgriff, dessen sich bekanntlich der berühmte und un- glückliche Baron von Goerz bey seinem eigen- sinnigen und ungeduldigen Herrn, K. Carl XII. in Schweden, mit stetem Vortheil, bediente: "Ich wills", sagte er, wann ihn der rasche Kö- nig nicht länger anhören wollte, "Ew. Maje- "stät schriftlich geben".
Ein Regent ist nur selten so wenig Mensch, dass bey ihm Vorurtheil und Vorliebe gar kei- nen Einfluss hätte; dass er nicht bey einer Sa- che Beyfall oder Abneigung bezeugte, weils der gewollt und gewünscht und jener andere
Es wird unstreitig viele, mit Anhörung un- nöthiger Weitläufigkeiten und noch unnützerer Widersprüche, Zweifel und Zänkereyen, frucht- los verschwendete Zeit erspart.
Der Regent gewöhnt sich an einen unpartheyi- schern, bloſs auf die Sache selbst, wenn ihr pro und contra redlich vorgetragen wird, ge- richteten Blick.
Er gewöhnt sich an eine gelassenere und ru- higere Beurtheilung von Personen und Sachen. Diſs ist besonders nöthig und eine Regel prac- tischer Lebens-Weisheit bey raschen, hitzigen und eine Sache gleich beym ersten Blick zu übersehen glaubenden Herrn; ein Kunstgriff, dessen sich bekanntlich der berühmte und un- glückliche Baron von Goerz bey seinem eigen- sinnigen und ungeduldigen Herrn, K. Carl XII. in Schweden, mit stetem Vortheil, bediente: „Ich wills„, sagte er, wann ihn der rasche Kö- nig nicht länger anhören wollte, „Ew. Maje- „stät schriftlich geben„.
Ein Regent ist nur selten so wenig Mensch, daſs bey ihm Vorurtheil und Vorliebe gar kei- nen Einfluſs hätte; daſs er nicht bey einer Sa- che Beyfall oder Abneigung bezeugte, weils der gewollt und gewünscht und jener andere
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Es wird unstreitig viele, mit Anhörung un-
nöthiger Weitläufigkeiten und noch unnützerer
Widersprüche, Zweifel und Zänkereyen, frucht-
los verschwendete Zeit erspart.
Der Regent gewöhnt sich an einen unpartheyi-
schern, bloſs auf die Sache selbst, wenn ihr
pro und contra redlich vorgetragen wird, ge-
richteten Blick.
Er gewöhnt sich an eine gelassenere und ru-
higere Beurtheilung von Personen und Sachen.
Diſs ist besonders nöthig und eine Regel prac-
tischer Lebens-Weisheit bey raschen, hitzigen
und eine Sache gleich beym ersten Blick zu
übersehen glaubenden Herrn; ein Kunstgriff,
dessen sich bekanntlich der berühmte und un-
glückliche Baron von Goerz bey seinem eigen-
sinnigen und ungeduldigen Herrn, K. Carl XII.
in Schweden, mit stetem Vortheil, bediente:
„Ich wills„, sagte er, wann ihn der rasche Kö-
nig nicht länger anhören wollte, „Ew. Maje-
„stät schriftlich geben„.
Ein Regent ist nur selten so wenig Mensch,
daſs bey ihm Vorurtheil und Vorliebe gar kei-
nen Einfluſs hätte; daſs er nicht bey einer Sa-
che Beyfall oder Abneigung bezeugte, weils
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/221>, abgerufen am 02.07.2024.
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