Sie suchen die Strenge ihrer Regierung und Grundsätze durch persönliche Leutseligkeit, Höflichkeit, und äussere Täuschungen zu be- decken und zu mildern.
Sie schämen sich daher auch keinen Augen- blick, ihr Volk mit Versicherungen, Zusagen und erheucheltem Trost und Bedauren zu be- lügen und zu betrügen.
Je unreiner die Absichten eines Regenten sind, je ungewisser ihre Erfüllung und je grösser die Besorgniss von Widerspruch und Widerstand auf der Seite ihrer Reichs- oder Land-Stände und Unterthanen, je freygebiger sind sie mit Anpreisung ihrer landesväterlichen Sorgfalt um das Wohl ihrer lieben und getreuen Unter- thanen, als des einigen Beweggrunds dieser, so wie aller ihrer Handlungen. Wann dieser Kunstgriff, wie eine Arzney, wie ein Haus- mittel, sparsam gebraucht wird, so hilft es zu- weilen; bey zu öfterm Gebrauch aber verliert es seine Kraft, macht sich lächerlich und den Herrn selbst verächtlich in den Augen seines Volks.
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Sie suchen die Strenge ihrer Regierung und Grundsätze durch persönliche Leutseligkeit, Höflichkeit, und äussere Täuschungen zu be- decken und zu mildern.
Sie schämen sich daher auch keinen Augen- blick, ihr Volk mit Versicherungen, Zusagen und erheucheltem Trost und Bedauren zu be- lügen und zu betrügen.
Je unreiner die Absichten eines Regenten sind, je ungewisser ihre Erfüllung und je gröſser die Besorgniſs von Widerspruch und Widerstand auf der Seite ihrer Reichs- oder Land-Stände und Unterthanen, je freygebiger sind sie mit Anpreisung ihrer landesväterlichen Sorgfalt um das Wohl ihrer lieben und getreuen Unter- thanen, als des einigen Beweggrunds dieser, so wie aller ihrer Handlungen. Wann dieser Kunstgriff, wie eine Arzney, wie ein Haus- mittel, sparsam gebraucht wird, so hilft es zu- weilen; bey zu öfterm Gebrauch aber verliert es seine Kraft, macht sich lächerlich und den Herrn selbst verächtlich in den Augen seines Volks.
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Sie suchen die Strenge ihrer Regierung und
Grundsätze durch persönliche Leutseligkeit,
Höflichkeit, und äussere Täuschungen zu be-
decken und zu mildern.
Sie schämen sich daher auch keinen Augen-
blick, ihr Volk mit Versicherungen, Zusagen
und erheucheltem Trost und Bedauren zu be-
lügen und zu betrügen.
Je unreiner die Absichten eines Regenten sind,
je ungewisser ihre Erfüllung und je gröſser
die Besorgniſs von Widerspruch und Widerstand
auf der Seite ihrer Reichs- oder Land-Stände
und Unterthanen, je freygebiger sind sie mit
Anpreisung ihrer landesväterlichen Sorgfalt um
das Wohl ihrer lieben und getreuen Unter-
thanen, als des einigen Beweggrunds dieser,
so wie aller ihrer Handlungen. Wann dieser
Kunstgriff, wie eine Arzney, wie ein Haus-
mittel, sparsam gebraucht wird, so hilft es zu-
weilen; bey zu öfterm Gebrauch aber verliert
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/199>, abgerufen am 29.06.2024.
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