sung. Es kann ein Fürst König, kann Monarch seyn, ohne desswegen Despot zu seyn. Hin- gegen je kleiner zuweilen ein Fürst ist, je ein ärgerer und abgefeimterer Despot ist er.
Der Despotismus hat, wie alle Künste, sei- ne Grundsätze, Systeme, Regeln und Ausnah- men, Bestandtheile, Wachsthum und Abnahme, Leben und Tod.
Die Geburts-Stätte des Despotismus ist: Wann die Regenten, durch eigenen Betrug und durch Verführung geistlicher und weltlicher Heuch- ler, Schmeichler und Irrlehrer, beginnen, ihren ursprünglichen hohen Beruf und Bestimmung zu misskennen; wann sie vergessen, dass ihre Dignität ein ihnen übertragenes oder auf sie vererbtes Amt seye, von dem sie Gott und ihrem Volk Verantwortung schuldig sind; wenn sie anfangen, das Land vor ihr Eigen- thum und ihre Unterthanen als Geschöpfe an- zusehen, mit denen sie nach eigenem Belieben schalten und walten können.
Sie schäzen ihre eigene Würde und göttliche Abhängigkeit selbst gering. Sie wollen nicht
sung. Es kann ein Fürst König, kann Monarch seyn, ohne deſswegen Despot zu seyn. Hin- gegen je kleiner zuweilen ein Fürst ist, je ein ärgerer und abgefeimterer Despot ist er.
Der Despotismus hat, wie alle Künste, sei- ne Grundsätze, Systeme, Regeln und Ausnah- men, Bestandtheile, Wachsthum und Abnahme, Leben und Tod.
Die Geburts-Stätte des Despotismus ist: Wann die Regenten, durch eigenen Betrug und durch Verführung geistlicher und weltlicher Heuch- ler, Schmeichler und Irrlehrer, beginnen, ihren ursprünglichen hohen Beruf und Bestimmung zu miſskennen; wann sie vergessen, daſs ihre Dignität ein ihnen übertragenes oder auf sie vererbtes Amt seye, von dem sie Gott und ihrem Volk Verantwortung schuldig sind; wenn sie anfangen, das Land vor ihr Eigen- thum und ihre Unterthanen als Geschöpfe an- zusehen, mit denen sie nach eigenem Belieben schalten und walten können.
Sie schäzen ihre eigene Würde und göttliche Abhängigkeit selbst gering. Sie wollen nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0195"n="189"/>
sung. Es kann ein Fürst König, kann Monarch<lb/>
seyn, ohne deſswegen Despot zu seyn. Hin-<lb/>
gegen je kleiner zuweilen ein Fürst ist, je ein<lb/>
ärgerer und abgefeimterer Despot ist er.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Der Despotismus hat, wie alle Künste, sei-<lb/>
ne Grundsätze, Systeme, Regeln und Ausnah-<lb/>
men, Bestandtheile, Wachsthum und Abnahme,<lb/>
Leben und Tod.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Die Geburts-Stätte des Despotismus ist: Wann<lb/>
die Regenten, durch eigenen Betrug und durch<lb/>
Verführung geistlicher und weltlicher Heuch-<lb/>
ler, Schmeichler und Irrlehrer, beginnen, ihren<lb/>
ursprünglichen hohen Beruf und Bestimmung<lb/>
zu miſskennen; wann sie vergessen, daſs ihre<lb/>
Dignität ein ihnen übertragenes oder auf sie<lb/>
vererbtes <hirendition="#i"><hirendition="#g">Amt</hi></hi> seye, von dem sie <hirendition="#i"><hirendition="#g">Gott und<lb/>
ihrem Volk</hi></hi> Verantwortung schuldig sind;<lb/>
wenn sie anfangen, das Land vor ihr Eigen-<lb/>
thum und ihre Unterthanen als Geschöpfe an-<lb/>
zusehen, mit denen sie nach eigenem Belieben<lb/>
schalten und walten können.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Sie schäzen ihre eigene Würde und göttliche<lb/>
Abhängigkeit selbst gering. Sie wollen nicht<lb/></p></div></body></text></TEI>
[189/0195]
sung. Es kann ein Fürst König, kann Monarch
seyn, ohne deſswegen Despot zu seyn. Hin-
gegen je kleiner zuweilen ein Fürst ist, je ein
ärgerer und abgefeimterer Despot ist er.
Der Despotismus hat, wie alle Künste, sei-
ne Grundsätze, Systeme, Regeln und Ausnah-
men, Bestandtheile, Wachsthum und Abnahme,
Leben und Tod.
Die Geburts-Stätte des Despotismus ist: Wann
die Regenten, durch eigenen Betrug und durch
Verführung geistlicher und weltlicher Heuch-
ler, Schmeichler und Irrlehrer, beginnen, ihren
ursprünglichen hohen Beruf und Bestimmung
zu miſskennen; wann sie vergessen, daſs ihre
Dignität ein ihnen übertragenes oder auf sie
vererbtes Amt seye, von dem sie Gott und
ihrem Volk Verantwortung schuldig sind;
wenn sie anfangen, das Land vor ihr Eigen-
thum und ihre Unterthanen als Geschöpfe an-
zusehen, mit denen sie nach eigenem Belieben
schalten und walten können.
Sie schäzen ihre eigene Würde und göttliche
Abhängigkeit selbst gering. Sie wollen nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/195>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.