Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Despoten um so weniger versehen hätten, da
sie zugleich das stärkste und durchgreifendste
Correctif gegen allen Gebrauch und Missbrauch
willkührlicher Gewalt in Anwendung des Ver-
mögens und Credits eines Landes enthält. Ge-
wiss ist der Despotismus noch nie schärfer, als
mit diesen seinen eigenen Ruthen, gestäupt
worden. Andere Könige und Fürsten habens ih-
rem grossen Muster, Ludwig XIV. in Frankreich,
abgelernt, von ihrem Reich, Land oder Ländgen,
als von einem Staat zu sprechen. Dieser my-
stischen Person mussten dann auch Rechte, For-
derungen und Bedürfnisse beygelegt werden;
sie musste ihr eigenes Vermögen, und zu des-
sen Leitung, Verwahrung und Verwendung ih-
ren eigenen Verwalter haben, welches nach
dem natürlichen Gang der Dinge niemand an-
ders, als die erste Person in diesem Staat, der
sonst sogenannte Landesherr, seyn konnte. Die-
ser Staats-Verwalter betrug sich in dem sich
beygelegten neuen Amt so, dass er zwar sich
selbst im Wohlstand befand, dem Staat aber ei-
ne immer strengere Diät verordnet, ein immer
unbedingterer Gehorsam von ihm gefodert ward.
Da erwachte der Geist der Völker; sie nahmen
den Fürsten beym Wort: Dass er nur ihr Ver-

Despoten um so weniger versehen hätten, da
sie zugleich das stärkste und durchgreifendste
Correctif gegen allen Gebrauch und Miſsbrauch
willkührlicher Gewalt in Anwendung des Ver-
mögens und Credits eines Landes enthält. Ge-
wiſs ist der Despotismus noch nie schärfer, als
mit diesen seinen eigenen Ruthen, gestäupt
worden. Andere Könige und Fürsten habens ih-
rem groſsen Muster, Ludwig XIV. in Frankreich,
abgelernt, von ihrem Reich, Land oder Ländgen,
als von einem Staat zu sprechen. Dieser my-
stischen Person muſsten dann auch Rechte, For-
derungen und Bedürfnisse beygelegt werden;
sie muſste ihr eigenes Vermögen, und zu des-
sen Leitung, Verwahrung und Verwendung ih-
ren eigenen Verwalter haben, welches nach
dem natürlichen Gang der Dinge niemand an-
ders, als die erste Person in diesem Staat, der
sonst sogenannte Landesherr, seyn konnte. Die-
ser Staats-Verwalter betrug sich in dem sich
beygelegten neuen Amt so, daſs er zwar sich
selbst im Wohlstand befand, dem Staat aber ei-
ne immer strengere Diät verordnet, ein immer
unbedingterer Gehorsam von ihm gefodert ward.
Da erwachte der Geist der Völker; sie nahmen
den Fürsten beym Wort: Daſs er nur ihr Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0181" n="175"/>
Despoten um so weniger versehen hätten, da<lb/>
sie zugleich das stärkste und durchgreifendste<lb/>
Correctif gegen allen Gebrauch und Mi&#x017F;sbrauch<lb/>
willkührlicher Gewalt in Anwendung des Ver-<lb/>
mögens und Credits eines Landes enthält. Ge-<lb/>
wi&#x017F;s ist der Despotismus noch nie schärfer, als<lb/>
mit diesen seinen eigenen Ruthen, gestäupt<lb/>
worden. Andere Könige und Fürsten habens ih-<lb/>
rem gro&#x017F;sen Muster, Ludwig XIV. in Frankreich,<lb/>
abgelernt, von ihrem Reich, Land oder Ländgen,<lb/>
als von einem <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Staat</hi></hi> zu sprechen. Dieser my-<lb/>
stischen Person mu&#x017F;sten dann auch Rechte, For-<lb/>
derungen und Bedürfnisse beygelegt werden;<lb/>
sie mu&#x017F;ste ihr eigenes Vermögen, und zu des-<lb/>
sen Leitung, Verwahrung und Verwendung ih-<lb/>
ren eigenen <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Verwalter</hi></hi> haben, welches nach<lb/>
dem natürlichen Gang der Dinge niemand an-<lb/>
ders, als die erste Person in diesem Staat, der<lb/>
sonst sogenannte Landesherr, seyn konnte. Die-<lb/>
ser Staats-Verwalter betrug sich in dem sich<lb/>
beygelegten neuen Amt so, da&#x017F;s er zwar sich<lb/>
selbst im Wohlstand befand, dem Staat aber ei-<lb/>
ne immer strengere Diät verordnet, ein immer<lb/>
unbedingterer Gehorsam von ihm gefodert ward.<lb/>
Da erwachte der Geist der Völker; sie nahmen<lb/>
den Fürsten beym Wort: Da&#x017F;s er <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">nur ihr Ver-<lb/></hi></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0181] Despoten um so weniger versehen hätten, da sie zugleich das stärkste und durchgreifendste Correctif gegen allen Gebrauch und Miſsbrauch willkührlicher Gewalt in Anwendung des Ver- mögens und Credits eines Landes enthält. Ge- wiſs ist der Despotismus noch nie schärfer, als mit diesen seinen eigenen Ruthen, gestäupt worden. Andere Könige und Fürsten habens ih- rem groſsen Muster, Ludwig XIV. in Frankreich, abgelernt, von ihrem Reich, Land oder Ländgen, als von einem Staat zu sprechen. Dieser my- stischen Person muſsten dann auch Rechte, For- derungen und Bedürfnisse beygelegt werden; sie muſste ihr eigenes Vermögen, und zu des- sen Leitung, Verwahrung und Verwendung ih- ren eigenen Verwalter haben, welches nach dem natürlichen Gang der Dinge niemand an- ders, als die erste Person in diesem Staat, der sonst sogenannte Landesherr, seyn konnte. Die- ser Staats-Verwalter betrug sich in dem sich beygelegten neuen Amt so, daſs er zwar sich selbst im Wohlstand befand, dem Staat aber ei- ne immer strengere Diät verordnet, ein immer unbedingterer Gehorsam von ihm gefodert ward. Da erwachte der Geist der Völker; sie nahmen den Fürsten beym Wort: Daſs er nur ihr Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/181
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/181>, abgerufen am 21.11.2024.