Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

berühmte Quinquennium Neronis ist noch
immer ein schreckendes Beyspiel, nur dass es
bey vielen nicht einmal so lange hält. Mit
gutem Gewissen darf man daher jedem jungen
Fürsten das Compliment machen, womit der
fromme und vortrefliche Erz-Bischof Fenelon *)
den ihm anvertrauten jungen Herzog von Bur-
gund, Enkel Ludwigs XIV. anzureden den
Muth und die Rechtschaffenheit hatte, ihm zu
wünschen: Dass er noch lange Jahre Cron-
Prinz bleiben möge
.

Unter so viele Gebrechen unserer alten bau-
fälligen deutschen Reichs-Verfassung ist da-
her allerdings auch der durch die güldene Bulle
bey den Churfürsten und durch kaiserliche Pri-
vilegien bey andern fürstlichen Häusern einge-
schlichene Missbrauch zu rechnen, vermöge
dessen junge Fürsten schon im sechszehnten
und achtzehnten Jahr ihres Alters für volljäh-

*) Personne ne sonhaite plus, que moi, Monseigneur, que
vous soies un tres grand nombre d'annees loin des perils
inseparahles de la roiaute. -- Je le sonhaite pour le bien
de l'etat. Je le souhaite pour le votre meme; car un des
plus grands malheurs, qui vous paut arriver, seroit, d'etre
Maitre des autres dans un age, ou vous l'etes encore si
peu de vous-meme. Directions pour la conscien-
ce d'un Roi, par Fenelon
,
p. 2.

berühmte Quinquennium Neronis ist noch
immer ein schreckendes Beyspiel, nur daſs es
bey vielen nicht einmal so lange hält. Mit
gutem Gewissen darf man daher jedem jungen
Fürsten das Compliment machen, womit der
fromme und vortrefliche Erz-Bischof Fenelon *)
den ihm anvertrauten jungen Herzog von Bur-
gund, Enkel Ludwigs XIV. anzureden den
Muth und die Rechtschaffenheit hatte, ihm zu
wünschen: Daſs er noch lange Jahre Cron-
Prinz bleiben möge
.

Unter so viele Gebrechen unserer alten bau-
fälligen deutschen Reichs-Verfassung ist da-
her allerdings auch der durch die güldene Bulle
bey den Churfürsten und durch kaiserliche Pri-
vilegien bey andern fürstlichen Häusern einge-
schlichene Miſsbrauch zu rechnen, vermöge
dessen junge Fürsten schon im sechszehnten
und achtzehnten Jahr ihres Alters für volljäh-

*) Personne ne sonhaite plus, que moi, Monseigneur, que
vous soiés un très grand nombre d’années loin des périls
inséparahles de la roiauté. — Je le sonhaite pour le bien
de l’état. Je le souhaite pour le vôtre mêmê; car un des
plus grands malheurs, qui vous pût arriver, seroit, d’être
Maitre des autres dans un age, où vous l’êtes encore si
peu de vous-même. Directions pour la conscien-
ce d’un Roi, par Fenelon
,
p. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0127" n="121"/>
berühmte <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Quinquennium Neronis</hi></hi> ist noch<lb/>
immer ein schreckendes Beyspiel, nur da&#x017F;s es<lb/>
bey vielen nicht einmal so lange hält. Mit<lb/>
gutem Gewissen darf man daher jedem jungen<lb/>
Fürsten das Compliment machen, womit der<lb/>
fromme und vortrefliche Erz-Bischof <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Fenelon</hi></hi> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#i">Personne ne sonhaite plus, que moi, Monseigneur, que<lb/>
vous soiés un très grand nombre d&#x2019;années loin des périls<lb/>
inséparahles de la roiauté. &#x2014; Je le sonhaite pour le bien<lb/>
de l&#x2019;état. Je le souhaite pour le vôtre mêmê; car un des<lb/>
plus grands malheurs, qui vous pût arriver, seroit, d&#x2019;être<lb/>
Maitre des autres dans un age, où vous l&#x2019;êtes encore si<lb/>
peu de vous-même. <hi rendition="#g">Directions pour la conscien-<lb/>
ce d&#x2019;un Roi, par Fenelon</hi>,</hi> p. 2.</note><lb/>
den ihm anvertrauten jungen Herzog von Bur-<lb/>
gund, Enkel Ludwigs XIV. anzureden den<lb/>
Muth und die Rechtschaffenheit hatte, ihm zu<lb/>
wünschen: <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Da&#x017F;s er noch lange Jahre Cron-<lb/>
Prinz bleiben möge</hi>.</hi></p><lb/>
          <p>Unter so viele Gebrechen unserer alten bau-<lb/>
fälligen deutschen Reichs-Verfassung ist da-<lb/>
her allerdings auch der durch die güldene Bulle<lb/>
bey den Churfürsten und durch kaiserliche Pri-<lb/>
vilegien bey andern fürstlichen Häusern einge-<lb/>
schlichene Mi&#x017F;sbrauch zu rechnen, vermöge<lb/>
dessen junge Fürsten schon im sechszehnten<lb/>
und achtzehnten Jahr ihres Alters für volljäh-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0127] berühmte Quinquennium Neronis ist noch immer ein schreckendes Beyspiel, nur daſs es bey vielen nicht einmal so lange hält. Mit gutem Gewissen darf man daher jedem jungen Fürsten das Compliment machen, womit der fromme und vortrefliche Erz-Bischof Fenelon *) den ihm anvertrauten jungen Herzog von Bur- gund, Enkel Ludwigs XIV. anzureden den Muth und die Rechtschaffenheit hatte, ihm zu wünschen: Daſs er noch lange Jahre Cron- Prinz bleiben möge. Unter so viele Gebrechen unserer alten bau- fälligen deutschen Reichs-Verfassung ist da- her allerdings auch der durch die güldene Bulle bey den Churfürsten und durch kaiserliche Pri- vilegien bey andern fürstlichen Häusern einge- schlichene Miſsbrauch zu rechnen, vermöge dessen junge Fürsten schon im sechszehnten und achtzehnten Jahr ihres Alters für volljäh- *) Personne ne sonhaite plus, que moi, Monseigneur, que vous soiés un très grand nombre d’années loin des périls inséparahles de la roiauté. — Je le sonhaite pour le bien de l’état. Je le souhaite pour le vôtre mêmê; car un des plus grands malheurs, qui vous pût arriver, seroit, d’être Maitre des autres dans un age, où vous l’êtes encore si peu de vous-même. Directions pour la conscien- ce d’un Roi, par Fenelon, p. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/127
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/127>, abgerufen am 23.11.2024.