also eben so gewiss und unfehlbar noch will- kührlicher, und so viel möglich uneingeschränk- ter Ausdehnung ihrer Gewalt tendiren, als ein irrdischer Cörper nach dem Mittelpunkt der Er- de. Da dieses nun einmal und (was ich nie zu vergessen bitte) in jeder Regierungs-Form der Fall derjenigen ist, die sich mit Gewalt, also um so viel mehr aller und jeder, die sich mit einer sehr grossen Gewalt, bekleidet sehen: So kann es zu gar nichts helfen, sich über et- was, das überall ist, immer war und immer seyn wird, zu formalisiren; und den Regenten, man schelte sie nun Böse oder Gute, ein Ver- brechen aus dieser Erbsünde, womit die Gu- ten eben so wohl als die Bösen behaftet sind, zu machen; und es wäre, dächte ich, endlich einmal Zeit, sie mit Vorwürfen über diesen Punkt zu verschonen. "Also, weil es leider! "(de facto) so und nicht anders ist, sollten "wir uns etwa mit leidendem Sclaven-Sinn "und Sclaven-Gehorsam gefallen lassen, wenn "ein Despot für gut fände, uns das Fell über "die Ohren zu ziehen"? Keineswegs. Aber so arg steht es auch wahrlich nicht im lezten Zehend des achtzehnten Jahrhunderts in Euro-
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also eben so gewiſs und unfehlbar noch will- kührlicher, und so viel möglich uneingeschränk- ter Ausdehnung ihrer Gewalt tendiren, als ein irrdischer Cörper nach dem Mittelpunkt der Er- de. Da dieses nun einmal und (was ich nie zu vergessen bitte) in jeder Regierungs-Form der Fall derjenigen ist, die sich mit Gewalt, also um so viel mehr aller und jeder, die sich mit einer sehr groſsen Gewalt, bekleidet sehen: So kann es zu gar nichts helfen, sich über et- was, das überall ist, immer war und immer seyn wird, zu formalisiren; und den Regenten, man schelte sie nun Böse oder Gute, ein Ver- brechen aus dieser Erbsünde, womit die Gu- ten eben so wohl als die Bösen behaftet sind, zu machen; und es wäre, dächte ich, endlich einmal Zeit, sie mit Vorwürfen über diesen Punkt zu verschonen. „Also, weil es leider! „(de facto) so und nicht anders ist, sollten „wir uns etwa mit leidendem Sclaven-Sinn „und Sclaven-Gehorsam gefallen lassen, wenn „ein Despot für gut fände, uns das Fell über „die Ohren zu ziehen„? Keineswegs. Aber so arg steht es auch wahrlich nicht im lezten Zehend des achtzehnten Jahrhunderts in Euro-
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also eben so gewiſs und unfehlbar noch will-
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ter Ausdehnung ihrer Gewalt tendiren, als ein
irrdischer Cörper nach dem Mittelpunkt der Er-
de. Da dieses nun einmal und (was ich nie zu
vergessen bitte) in jeder Regierungs-Form
der Fall derjenigen ist, die sich mit Gewalt,
also um so viel mehr aller und jeder, die sich
mit einer sehr groſsen Gewalt, bekleidet sehen:
So kann es zu gar nichts helfen, sich über et-
was, das überall ist, immer war und immer
seyn wird, zu formalisiren; und den Regenten,
man schelte sie nun Böse oder Gute, ein Ver-
brechen aus dieser Erbsünde, womit die Gu-
ten eben so wohl als die Bösen behaftet sind,
zu machen; und es wäre, dächte ich, endlich
einmal Zeit, sie mit Vorwürfen über diesen
Punkt zu verschonen. „Also, weil es leider!
„(de facto) so und nicht anders ist, sollten
„wir uns etwa mit leidendem Sclaven-Sinn
„und Sclaven-Gehorsam gefallen lassen, wenn
„ein Despot für gut fände, uns das Fell über
„die Ohren zu ziehen„? Keineswegs. Aber
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 1. Zürich, 1796, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische01_1796/103>, abgerufen am 27.11.2024.
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