Die erste Grundsäze sollten in allen dreyen Gattungen einerley seyn, und die Gerechtsame und Pflichten derer einzelnen Menschen und Familien sollten auch bey ganzen Staaten und zwischen ganzen Völckern, (welche moralische Menschen und Familien im großen, wie jene im kleinen, vorstellen,) Plaz greiffen:
§. 7.
Gleichwie aber die Gelebrte je länger je mehr auch in denen ersten Grundsäzen des privat- Naturrechts bey nahe alles willkührlich machen, und jeder sich ein Naturrecht nach seiner eigenen Einsicht, Leidenschafften, Convenienz und Nu- zen bildet; so macht man es auch mit dem all- gemeinen Staats- und Völckerrecht:
Und die große Herrn machen es in ihren Handlungen und Staatsschrifften eben so.
§. 8.
Gar viles wird auch in thesi und öffentlich als unerlaubt erklärt, das man doch bey allen Gelegenheiten, offentlich oder in der Stille, selber thut.
§. 9.
Bey disen Umständen bleibt, wann es zu würcklichen Streitigkeiten kommt, offt wenig genug von dem allgemeinen Völckerrecht übrig, was als unstreitig wahr und verbindlich erkannt wird; ja man erkennet, (nach Erforderniß sei-
nes
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Vom Europ. Voͤlckerrecht.
§. 6.
Die erſte Grundſaͤze ſollten in allen dreyen Gattungen einerley ſeyn, und die Gerechtſame und Pflichten derer einzelnen Menſchen und Familien ſollten auch bey ganzen Staaten und zwiſchen ganzen Voͤlckern, (welche moraliſche Menſchen und Familien im großen, wie jene im kleinen, vorſtellen,) Plaz greiffen:
§. 7.
Gleichwie aber die Gelebrte je laͤnger je mehr auch in denen erſten Grundſaͤzen des privat- Naturrechts bey nahe alles willkuͤhrlich machen, und jeder ſich ein Naturrecht nach ſeiner eigenen Einſicht, Leidenſchafften, Convenienz und Nu- zen bildet; ſo macht man es auch mit dem all- gemeinen Staats- und Voͤlckerrecht:
Und die große Herrn machen es in ihren Handlungen und Staatsſchrifften eben ſo.
§. 8.
Gar viles wird auch in theſi und oͤffentlich als unerlaubt erklaͤrt, das man doch bey allen Gelegenheiten, offentlich oder in der Stille, ſelber thut.
§. 9.
Bey diſen Umſtaͤnden bleibt, wann es zu wuͤrcklichen Streitigkeiten kommt, offt wenig genug von dem allgemeinen Voͤlckerrecht uͤbrig, was als unſtreitig wahr und verbindlich erkannt wird; ja man erkennet, (nach Erforderniß ſei-
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Vom Europ. Voͤlckerrecht.
§. 6.
Die erſte Grundſaͤze ſollten in allen dreyen
Gattungen einerley ſeyn, und die Gerechtſame
und Pflichten derer einzelnen Menſchen und
Familien ſollten auch bey ganzen Staaten und
zwiſchen ganzen Voͤlckern, (welche moraliſche
Menſchen und Familien im großen, wie jene im
kleinen, vorſtellen,) Plaz greiffen:
§. 7.
Gleichwie aber die Gelebrte je laͤnger je mehr
auch in denen erſten Grundſaͤzen des privat-
Naturrechts bey nahe alles willkuͤhrlich machen,
und jeder ſich ein Naturrecht nach ſeiner eigenen
Einſicht, Leidenſchafften, Convenienz und Nu-
zen bildet; ſo macht man es auch mit dem all-
gemeinen Staats- und Voͤlckerrecht:
Und die große Herrn machen es in ihren
Handlungen und Staatsſchrifften eben ſo.
§. 8.
Gar viles wird auch in theſi und oͤffentlich
als unerlaubt erklaͤrt, das man doch bey allen
Gelegenheiten, offentlich oder in der Stille,
ſelber thut.
§. 9.
Bey diſen Umſtaͤnden bleibt, wann es zu
wuͤrcklichen Streitigkeiten kommt, offt wenig
genug von dem allgemeinen Voͤlckerrecht uͤbrig,
was als unſtreitig wahr und verbindlich erkannt
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Moser, Johann Jacob: Erste Grundlehren des jezigen Europäischen Völcker-Rechts, in Fridens- und Kriegs-Zeiten. Nürnberg, 1778, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_grundlehren_1778/15>, abgerufen am 03.03.2025.
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