Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Mauer hinein in die inneren Räume; hier biegen wir Brombeer- und Epheuranken von einem kellerartigen Eingange zurück und steigen in das alte Burgverließ. In die dunkele Nacht desselben fällt oben durch eine Mauerlücke herein das gebrochene, helle Tageslicht und erhellt immer nur eine Stelle, während alle übrigen Gegenstände umher in Dämmerung und Nacht zurücktreten.

Welches wunderbare Wechselspiel der Beleuchtung, je nachdem einer der Begleitenden in den Lichtschein tritt, oder davon nur hier oder dort, auf der Stirne oder dem Knie, oder auf der Schulter, oder auf den Händen gestreift wird, während seine übrige Gestalt in die Dämmerung zurückweicht und die neben ihm Stehenden fast ganz in dem Dunkel verschwinden.

Bei diesem Zauber der Beleuchtung kommt nichts auf die Umrisse der Gestalt an, ein neues Element der Malerei ist entdeckt - die Poesie des Helldunkels.

Das mährchenspinnende Gemüth des Jünglings fühlt sich äußerlich in dieser Oertlichkeit selbst ausgedrückt, es tritt mit ihr in Wechselwirkung und gelangt dadurch zur Darstellung seiner selbst.

Dieß ist der durchgreifende neue Eindruck, welchen seine Gemälde machen.

Rembrandt ist das in Helldunkel und Dämmerlicht träumende und traumformende, mährchenselige Gemüth des deutschen Volks, und wie der deutsche

Mauer hinein in die inneren Räume; hier biegen wir Brombeer- und Epheuranken von einem kellerartigen Eingange zurück und steigen in das alte Burgverließ. In die dunkele Nacht desselben fällt oben durch eine Mauerlücke herein das gebrochene, helle Tageslicht und erhellt immer nur eine Stelle, während alle übrigen Gegenstände umher in Dämmerung und Nacht zurücktreten.

Welches wunderbare Wechselspiel der Beleuchtung, je nachdem einer der Begleitenden in den Lichtschein tritt, oder davon nur hier oder dort, auf der Stirne oder dem Knie, oder auf der Schulter, oder auf den Händen gestreift wird, während seine übrige Gestalt in die Dämmerung zurückweicht und die neben ihm Stehenden fast ganz in dem Dunkel verschwinden.

Bei diesem Zauber der Beleuchtung kommt nichts auf die Umrisse der Gestalt an, ein neues Element der Malerei ist entdeckt – die Poesie des Helldunkels.

Das mährchenspinnende Gemüth des Jünglings fühlt sich äußerlich in dieser Oertlichkeit selbst ausgedrückt, es tritt mit ihr in Wechselwirkung und gelangt dadurch zur Darstellung seiner selbst.

Dieß ist der durchgreifende neue Eindruck, welchen seine Gemälde machen.

Rembrandt ist das in Helldunkel und Dämmerlicht träumende und traumformende, mährchenselige Gemüth des deutschen Volks, und wie der deutsche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0146" n="136"/>
Mauer hinein in die inneren Räume; hier biegen wir Brombeer- und Epheuranken von einem kellerartigen Eingange zurück und steigen in das alte Burgverließ. In die dunkele Nacht desselben fällt oben durch eine Mauerlücke herein das gebrochene, helle Tageslicht und erhellt immer nur eine Stelle, während alle übrigen Gegenstände umher in Dämmerung und Nacht zurücktreten.</p>
        <p>Welches wunderbare Wechselspiel der Beleuchtung, je nachdem einer der Begleitenden in den Lichtschein tritt, oder davon nur hier oder dort, auf der Stirne oder dem Knie, oder auf der Schulter, oder auf den Händen gestreift wird, während seine übrige Gestalt in die Dämmerung zurückweicht und die neben ihm Stehenden fast ganz in dem Dunkel verschwinden.</p>
        <p>Bei diesem Zauber der Beleuchtung kommt nichts auf die Umrisse der Gestalt an, ein neues Element der Malerei ist entdeckt &#x2013; die Poesie des Helldunkels.</p>
        <p>Das mährchenspinnende Gemüth des Jünglings fühlt sich äußerlich in dieser Oertlichkeit selbst ausgedrückt, es tritt mit ihr in Wechselwirkung und gelangt dadurch zur Darstellung seiner selbst.</p>
        <p>Dieß ist der durchgreifende neue Eindruck, welchen seine Gemälde machen.</p>
        <p>Rembrandt ist das in Helldunkel und Dämmerlicht träumende und traumformende, mährchenselige Gemüth des deutschen Volks, und wie der deutsche
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0146] Mauer hinein in die inneren Räume; hier biegen wir Brombeer- und Epheuranken von einem kellerartigen Eingange zurück und steigen in das alte Burgverließ. In die dunkele Nacht desselben fällt oben durch eine Mauerlücke herein das gebrochene, helle Tageslicht und erhellt immer nur eine Stelle, während alle übrigen Gegenstände umher in Dämmerung und Nacht zurücktreten. Welches wunderbare Wechselspiel der Beleuchtung, je nachdem einer der Begleitenden in den Lichtschein tritt, oder davon nur hier oder dort, auf der Stirne oder dem Knie, oder auf der Schulter, oder auf den Händen gestreift wird, während seine übrige Gestalt in die Dämmerung zurückweicht und die neben ihm Stehenden fast ganz in dem Dunkel verschwinden. Bei diesem Zauber der Beleuchtung kommt nichts auf die Umrisse der Gestalt an, ein neues Element der Malerei ist entdeckt – die Poesie des Helldunkels. Das mährchenspinnende Gemüth des Jünglings fühlt sich äußerlich in dieser Oertlichkeit selbst ausgedrückt, es tritt mit ihr in Wechselwirkung und gelangt dadurch zur Darstellung seiner selbst. Dieß ist der durchgreifende neue Eindruck, welchen seine Gemälde machen. Rembrandt ist das in Helldunkel und Dämmerlicht träumende und traumformende, mährchenselige Gemüth des deutschen Volks, und wie der deutsche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-03-04T10:41:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-04T10:41:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-04T10:41:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/146
Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/146>, abgerufen am 25.11.2024.