Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.Lettern aus dem großen Buche der Geheimgeschichte seiner Zeit. Wie sich in dem Moder dieser Zustände die uralte Volkspoesie mit ihren melancholischen Mährchen und Balladen wieder belebte, davon muß die Literaturgeschichte berichten. In der Malerei wird diese Richtung vertreten von dem großen Meister des Helldunkels Er wurde im Jahre 1606 in einer Mühle, wo sein Vater Müller war, am Niederrhein zwischen den Dörfern Koukerk und Leyerdorf geboren. Er sollte in Leyden lateinisch lernen, aber seine Liebe zur Malerei zog ihn frühzeitig davon ab und in die Lehre zu verschiedenen Malern. Bald entwickelte sich sein eigenthümliches Genie, welchem es am Besten in der Mühle seines Vaters behagte, wo er Jahre lang arbeitete ohne Vorbilder der Kunst, ohne Kenntniß der Antike, der Mythologie oder der Geschichte, ohne allen Apparat, außer einigen Rüstungen, Turbanen und der Kleidung eines polnischen Juden. Seine Frau, seine Magd und die Mühlengäste waren seine Modelle. Er liebte die Freiheit und den Umgang mit gemeinen Leuten; mit Bürgermeister Six von Amsterdam machte er die einzige Ausnahme, auf dessen Landhaus er häufig Lettern aus dem großen Buche der Geheimgeschichte seiner Zeit. Wie sich in dem Moder dieser Zustände die uralte Volkspoesie mit ihren melancholischen Mährchen und Balladen wieder belebte, davon muß die Literaturgeschichte berichten. In der Malerei wird diese Richtung vertreten von dem großen Meister des Helldunkels Er wurde im Jahre 1606 in einer Mühle, wo sein Vater Müller war, am Niederrhein zwischen den Dörfern Koukerk und Leyerdorf geboren. Er sollte in Leyden lateinisch lernen, aber seine Liebe zur Malerei zog ihn frühzeitig davon ab und in die Lehre zu verschiedenen Malern. Bald entwickelte sich sein eigenthümliches Genie, welchem es am Besten in der Mühle seines Vaters behagte, wo er Jahre lang arbeitete ohne Vorbilder der Kunst, ohne Kenntniß der Antike, der Mythologie oder der Geschichte, ohne allen Apparat, außer einigen Rüstungen, Turbanen und der Kleidung eines polnischen Juden. Seine Frau, seine Magd und die Mühlengäste waren seine Modelle. Er liebte die Freiheit und den Umgang mit gemeinen Leuten; mit Bürgermeister Six von Amsterdam machte er die einzige Ausnahme, auf dessen Landhaus er häufig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0143" n="133"/> Lettern aus dem großen Buche der Geheimgeschichte seiner Zeit.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Wie sich in dem Moder dieser Zustände die uralte Volkspoesie mit ihren melancholischen Mährchen und Balladen wieder belebte, davon muß die Literaturgeschichte berichten. In der Malerei wird diese Richtung vertreten von dem großen Meister des Helldunkels<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Paul Rembrandt van Ryn.</hi></hi></p> <p>Er wurde im Jahre 1606 in einer Mühle, wo sein Vater Müller war, am Niederrhein zwischen den Dörfern Koukerk und Leyerdorf geboren. Er sollte in Leyden lateinisch lernen, aber seine Liebe zur Malerei zog ihn frühzeitig davon ab und in die Lehre zu verschiedenen Malern. Bald entwickelte sich sein eigenthümliches Genie, welchem es am Besten in der Mühle seines Vaters behagte, wo er Jahre lang arbeitete ohne Vorbilder der Kunst, ohne Kenntniß der Antike, der Mythologie oder der Geschichte, ohne allen Apparat, außer einigen Rüstungen, Turbanen und der Kleidung eines polnischen Juden. Seine Frau, seine Magd und die Mühlengäste waren seine Modelle. Er liebte die Freiheit und den Umgang mit gemeinen Leuten; mit Bürgermeister Six von Amsterdam machte er die einzige Ausnahme, auf dessen Landhaus er häufig </p> </div> </body> </text> </TEI> [133/0143]
Lettern aus dem großen Buche der Geheimgeschichte seiner Zeit.
Wie sich in dem Moder dieser Zustände die uralte Volkspoesie mit ihren melancholischen Mährchen und Balladen wieder belebte, davon muß die Literaturgeschichte berichten. In der Malerei wird diese Richtung vertreten von dem großen Meister des Helldunkels
Paul Rembrandt van Ryn.
Er wurde im Jahre 1606 in einer Mühle, wo sein Vater Müller war, am Niederrhein zwischen den Dörfern Koukerk und Leyerdorf geboren. Er sollte in Leyden lateinisch lernen, aber seine Liebe zur Malerei zog ihn frühzeitig davon ab und in die Lehre zu verschiedenen Malern. Bald entwickelte sich sein eigenthümliches Genie, welchem es am Besten in der Mühle seines Vaters behagte, wo er Jahre lang arbeitete ohne Vorbilder der Kunst, ohne Kenntniß der Antike, der Mythologie oder der Geschichte, ohne allen Apparat, außer einigen Rüstungen, Turbanen und der Kleidung eines polnischen Juden. Seine Frau, seine Magd und die Mühlengäste waren seine Modelle. Er liebte die Freiheit und den Umgang mit gemeinen Leuten; mit Bürgermeister Six von Amsterdam machte er die einzige Ausnahme, auf dessen Landhaus er häufig
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Zitationshilfe: | Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/143>, abgerufen am 16.02.2025. |