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Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844.

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Unterricht bei dem Maler Heinrich van Balen, aber gar bald machte ihn die Bewunderung der Werke Rubens' zu dessen Schüler. Bald erkannten ihn alle seine Mitschüler und die Gehilfen des Meisters als den Ersten von ihnen an. Als Rubens an einer Kreuzabnahme für die Kirche Unserer lieben Frauen in Antwerpen malte, ging er eines Tages gegen Sonnenuntergang aus. Als er den Rücken gekehrt hatte, neckten und jagten sich die Gesellen. Dabei fiel der Maler Diepenbeke an das Bild und löschte im Vorüberstreichen aus, was der Meister vorher gemalt hatte. Da kamen Alle auf den Rath des Johann van Hoeck, ihres Mitschülers, überein, daß van Dyk aus der Noth helfen müsse. Van Dyk ging an die Arbeit, welche ihm auch so gut gelang, daß Rubens am anderen Tage geäußert haben soll: "diese Partie da ist mir gestern nicht am schlechtesten gelungen!" - Van Dyk's Talent war aber nicht bestimmt, in der Manier seines Meisters aufzugehen. Er war ausersehen, die Fürsten und Herren, welche in der Tragödie der damaligen Zeit auftraten, zu portraitiren. In seinem wahlverwandten Künstlergemüthe spiegelte die große Welt seiner Tage sich mit allen ihren großen und kleinen Eigenschaften, ihrer blasirten, überfeinerten Bildung und allen Ansprüchen, welche sie geerbt hatte, in silberklaren Tönen ab. Um dieser Neigung zum historischen Portrait nachzugehen, verließ er seinen Meister. Bei seinem Abschiede gab er

Unterricht bei dem Maler Heinrich van Balen, aber gar bald machte ihn die Bewunderung der Werke Rubens’ zu dessen Schüler. Bald erkannten ihn alle seine Mitschüler und die Gehilfen des Meisters als den Ersten von ihnen an. Als Rubens an einer Kreuzabnahme für die Kirche Unserer lieben Frauen in Antwerpen malte, ging er eines Tages gegen Sonnenuntergang aus. Als er den Rücken gekehrt hatte, neckten und jagten sich die Gesellen. Dabei fiel der Maler Diepenbeke an das Bild und löschte im Vorüberstreichen aus, was der Meister vorher gemalt hatte. Da kamen Alle auf den Rath des Johann van Hoeck, ihres Mitschülers, überein, daß van Dyk aus der Noth helfen müsse. Van Dyk ging an die Arbeit, welche ihm auch so gut gelang, daß Rubens am anderen Tage geäußert haben soll: „diese Partie da ist mir gestern nicht am schlechtesten gelungen!“ – Van Dyk’s Talent war aber nicht bestimmt, in der Manier seines Meisters aufzugehen. Er war ausersehen, die Fürsten und Herren, welche in der Tragödie der damaligen Zeit auftraten, zu portraitiren. In seinem wahlverwandten Künstlergemüthe spiegelte die große Welt seiner Tage sich mit allen ihren großen und kleinen Eigenschaften, ihrer blasirten, überfeinerten Bildung und allen Ansprüchen, welche sie geerbt hatte, in silberklaren Tönen ab. Um dieser Neigung zum historischen Portrait nachzugehen, verließ er seinen Meister. Bei seinem Abschiede gab er

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[102/0112] Unterricht bei dem Maler Heinrich van Balen, aber gar bald machte ihn die Bewunderung der Werke Rubens’ zu dessen Schüler. Bald erkannten ihn alle seine Mitschüler und die Gehilfen des Meisters als den Ersten von ihnen an. Als Rubens an einer Kreuzabnahme für die Kirche Unserer lieben Frauen in Antwerpen malte, ging er eines Tages gegen Sonnenuntergang aus. Als er den Rücken gekehrt hatte, neckten und jagten sich die Gesellen. Dabei fiel der Maler Diepenbeke an das Bild und löschte im Vorüberstreichen aus, was der Meister vorher gemalt hatte. Da kamen Alle auf den Rath des Johann van Hoeck, ihres Mitschülers, überein, daß van Dyk aus der Noth helfen müsse. Van Dyk ging an die Arbeit, welche ihm auch so gut gelang, daß Rubens am anderen Tage geäußert haben soll: „diese Partie da ist mir gestern nicht am schlechtesten gelungen!“ – Van Dyk’s Talent war aber nicht bestimmt, in der Manier seines Meisters aufzugehen. Er war ausersehen, die Fürsten und Herren, welche in der Tragödie der damaligen Zeit auftraten, zu portraitiren. In seinem wahlverwandten Künstlergemüthe spiegelte die große Welt seiner Tage sich mit allen ihren großen und kleinen Eigenschaften, ihrer blasirten, überfeinerten Bildung und allen Ansprüchen, welche sie geerbt hatte, in silberklaren Tönen ab. Um dieser Neigung zum historischen Portrait nachzugehen, verließ er seinen Meister. Bei seinem Abschiede gab er

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Zitationshilfe: Mosen, Julius: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Dresden, 1844, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mosen_galerie_1844/112>, abgerufen am 22.11.2024.