und fragte: ob er denn nicht etwa Soufleur, oder Rollenschreiber, oder Lichtputzer beim Theater werden könne? -- Reichardt antwor¬ tete: es thäte ihm Leid, da Reiser so viel Feuer fürs Theater verriethe, daß sein Unternehmen ihm hier mißlungen wäre, indes würde es ihm vielleicht anderwärts gelingen.
Reiser ging nun in tiefen Gedanken von Rei¬ chard weg, und ging bei dem Bau am Schlosse auf und nieder, wo einige in Schiebkarren Steine zuführten, andere sie ordneten. -- Er stand wohl an eine Stunde da, und sahe im¬ mer dieser Arbeit zu -- dabei entstand eine son¬ derbare Begierde in ihm, sein gutes Kleid aus¬ zuziehen, und mit den übrigen Tagelöhnern auch Steine zu diesem Bau auf den Schiebkar¬ ren herbei zu führen.
Es war schon gegen Mittag, und die Sonne schien immer heißer. -- Die Hände der Arbei¬ ter wurden laß -- sie ruheten sich aus, und ver¬ zehrten auf der Erde ihr Mittagsmahl. -- Rei¬ ser gab sich mit dem einen ins Wort, und fragte ihn, wie viel sein Tagelohn betrüge. Es war eine Anzahl Groschen, die Reiser nicht mehr in
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und fragte: ob er denn nicht etwa Soufleur, oder Rollenſchreiber, oder Lichtputzer beim Theater werden koͤnne? — Reichardt antwor¬ tete: es thaͤte ihm Leid, da Reiſer ſo viel Feuer fuͤrs Theater verriethe, daß ſein Unternehmen ihm hier mißlungen waͤre, indes wuͤrde es ihm vielleicht anderwaͤrts gelingen.
Reiſer ging nun in tiefen Gedanken von Rei¬ chard weg, und ging bei dem Bau am Schloſſe auf und nieder, wo einige in Schiebkarren Steine zufuͤhrten, andere ſie ordneten. — Er ſtand wohl an eine Stunde da, und ſahe im¬ mer dieſer Arbeit zu — dabei entſtand eine ſon¬ derbare Begierde in ihm, ſein gutes Kleid aus¬ zuziehen, und mit den uͤbrigen Tageloͤhnern auch Steine zu dieſem Bau auf den Schiebkar¬ ren herbei zu fuͤhren.
Es war ſchon gegen Mittag, und die Sonne ſchien immer heißer. — Die Haͤnde der Arbei¬ ter wurden laß — ſie ruheten ſich aus, und ver¬ zehrten auf der Erde ihr Mittagsmahl. — Rei¬ ſer gab ſich mit dem einen ins Wort, und fragte ihn, wie viel ſein Tagelohn betruͤge. Es war eine Anzahl Groſchen, die Reiſer nicht mehr in
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und fragte: ob er denn nicht etwa Soufleur,
oder Rollenſchreiber, oder Lichtputzer beim
Theater werden koͤnne? — Reichardt antwor¬
tete: es thaͤte ihm Leid, da Reiſer ſo viel Feuer
fuͤrs Theater verriethe, daß ſein Unternehmen
ihm hier mißlungen waͤre, indes wuͤrde es ihm
vielleicht anderwaͤrts gelingen.
Reiſer ging nun in tiefen Gedanken von Rei¬
chard weg, und ging bei dem Bau am Schloſſe
auf und nieder, wo einige in Schiebkarren
Steine zufuͤhrten, andere ſie ordneten. — Er
ſtand wohl an eine Stunde da, und ſahe im¬
mer dieſer Arbeit zu — dabei entſtand eine ſon¬
derbare Begierde in ihm, ſein gutes Kleid aus¬
zuziehen, und mit den uͤbrigen Tageloͤhnern
auch Steine zu dieſem Bau auf den Schiebkar¬
ren herbei zu fuͤhren.
Es war ſchon gegen Mittag, und die Sonne
ſchien immer heißer. — Die Haͤnde der Arbei¬
ter wurden laß — ſie ruheten ſich aus, und ver¬
zehrten auf der Erde ihr Mittagsmahl. — Rei¬
ſer gab ſich mit dem einen ins Wort, und fragte
ihn, wie viel ſein Tagelohn betruͤge. Es war
eine Anzahl Groſchen, die Reiſer nicht mehr in
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/85>, abgerufen am 16.02.2025.
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