Er wanderte bis gegen Mittag auf eine ziemlich unbequeme Weise, weil der Boden noch nicht trocken war, wobei nun zu seinem Schrek¬ ken seine Schuh zu leiden anfingen, die unter seinen Umständen gewissermaßen einen unersetz¬ lichen Theil seines Selbst ausmachten.
Er fühlte den drohenden Verlust mit jedem Schritte den er that, als um die Mittagsstunde der Himmel sich wieder mit Wolken umzog, die einen neuen Regenguß prophezeieten, welcher sich auch sehr bald einstellte, und Reisers Wan¬ derschaft zum zweitenmal unterbrach.
Zum Glück erreichte er bald ein Jägerhaus, das mitten auf einem rund umher mit Wald umgebenen Felde lag, und wo er eben so voller Zutraun einkehrte, als er höflich und gut auf¬ genommen und bewirthet wurde.
Es war, als ob sein Empfang schon vorbe¬ reitet wäre, so freundschaftlich nahmen ihn die Leute in dieser einsamen Wohnung auf.
Es war, als ob es sich bei diesen Leuten von selbst verstände, daß man in einem solchen Wet¬ ter einen Wanderer aufnehmen müsse. Es hörte
Er wanderte bis gegen Mittag auf eine ziemlich unbequeme Weiſe, weil der Boden noch nicht trocken war, wobei nun zu ſeinem Schrek¬ ken ſeine Schuh zu leiden anfingen, die unter ſeinen Umſtaͤnden gewiſſermaßen einen unerſetz¬ lichen Theil ſeines Selbſt ausmachten.
Er fuͤhlte den drohenden Verluſt mit jedem Schritte den er that, als um die Mittagsſtunde der Himmel ſich wieder mit Wolken umzog, die einen neuen Regenguß prophezeieten, welcher ſich auch ſehr bald einſtellte, und Reiſers Wan¬ derſchaft zum zweitenmal unterbrach.
Zum Gluͤck erreichte er bald ein Jaͤgerhaus, das mitten auf einem rund umher mit Wald umgebenen Felde lag, und wo er eben ſo voller Zutraun einkehrte, als er hoͤflich und gut auf¬ genommen und bewirthet wurde.
Es war, als ob ſein Empfang ſchon vorbe¬ reitet waͤre, ſo freundſchaftlich nahmen ihn die Leute in dieſer einſamen Wohnung auf.
Es war, als ob es ſich bei dieſen Leuten von ſelbſt verſtaͤnde, daß man in einem ſolchen Wet¬ ter einen Wanderer aufnehmen muͤſſe. Es hoͤrte
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Er wanderte bis gegen Mittag auf eine
ziemlich unbequeme Weiſe, weil der Boden noch
nicht trocken war, wobei nun zu ſeinem Schrek¬
ken ſeine Schuh zu leiden anfingen, die unter
ſeinen Umſtaͤnden gewiſſermaßen einen unerſetz¬
lichen Theil ſeines Selbſt ausmachten.
Er fuͤhlte den drohenden Verluſt mit jedem
Schritte den er that, als um die Mittagsſtunde
der Himmel ſich wieder mit Wolken umzog, die
einen neuen Regenguß prophezeieten, welcher
ſich auch ſehr bald einſtellte, und Reiſers Wan¬
derſchaft zum zweitenmal unterbrach.
Zum Gluͤck erreichte er bald ein Jaͤgerhaus,
das mitten auf einem rund umher mit Wald
umgebenen Felde lag, und wo er eben ſo voller
Zutraun einkehrte, als er hoͤflich und gut auf¬
genommen und bewirthet wurde.
Es war, als ob ſein Empfang ſchon vorbe¬
reitet waͤre, ſo freundſchaftlich nahmen ihn die
Leute in dieſer einſamen Wohnung auf.
Es war, als ob es ſich bei dieſen Leuten von
ſelbſt verſtaͤnde, daß man in einem ſolchen Wet¬
ter einen Wanderer aufnehmen muͤſſe. Es hoͤrte
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/48>, abgerufen am 16.07.2024.
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