So dauerte es nun den ganzen Tag über, welcher für Reisern, der nicht fort konnte, einer der traurigsten war, bis es gegen Abend sich aufklärte, und auf einmal sein Muth wieder erwachte.
Er nahm alle seine Ueberredungskraft zu¬ sammen, um die Leute durch die nachdrücklich¬ sten Vorstellungen zu überzeugen, daß es wirk¬ lich sein Vorsatz sey, in Erfurt zu studiren, wo¬ von ihn nichts in der Welt abbringen könne, daß diese ihm endlich zu glauben schienen.
Der Schulmeister sagte ihm auf lateinisch, wenn er Morgenfrüh auf Mühlhausen zureißte, so würde ihm der Wirth von diesem Gasthofe begegnen, der auch lateinisch spräche, und ver¬ reißt gewesen sey, um die seinigen (fuos) zu hohlen.
Der Soldat aber versprach Reisern, zu sei¬ nem Schrecken, ihn den andern Morgen zu begleiten, und ihn durch ein Gehölz auf den Weg zu bringen.
Den andern Morgen in aller Frühe war der Soldat schon wieder da, um ihn zu beglei¬ ten, und wollte im Gasthofe Reisers Zeche be¬
So dauerte es nun den ganzen Tag uͤber, welcher fuͤr Reiſern, der nicht fort konnte, einer der traurigſten war, bis es gegen Abend ſich aufklaͤrte, und auf einmal ſein Muth wieder erwachte.
Er nahm alle ſeine Ueberredungskraft zu¬ ſammen, um die Leute durch die nachdruͤcklich¬ ſten Vorſtellungen zu uͤberzeugen, daß es wirk¬ lich ſein Vorſatz ſey, in Erfurt zu ſtudiren, wo¬ von ihn nichts in der Welt abbringen koͤnne, daß dieſe ihm endlich zu glauben ſchienen.
Der Schulmeiſter ſagte ihm auf lateiniſch, wenn er Morgenfruͤh auf Muͤhlhauſen zureißte, ſo wuͤrde ihm der Wirth von dieſem Gaſthofe begegnen, der auch lateiniſch ſpraͤche, und ver¬ reißt geweſen ſey, um die ſeinigen (fuos) zu hohlen.
Der Soldat aber verſprach Reiſern, zu ſei¬ nem Schrecken, ihn den andern Morgen zu begleiten, und ihn durch ein Gehoͤlz auf den Weg zu bringen.
Den andern Morgen in aller Fruͤhe war der Soldat ſchon wieder da, um ihn zu beglei¬ ten, und wollte im Gaſthofe Reiſers Zeche be¬
<TEI><text><body><pbfacs="#f0045"n="31"/><p>So dauerte es nun den ganzen Tag uͤber,<lb/>
welcher fuͤr Reiſern, der nicht fort konnte, einer<lb/>
der traurigſten war, bis es gegen Abend ſich<lb/>
aufklaͤrte, und auf einmal ſein Muth wieder<lb/>
erwachte.</p><lb/><p>Er nahm alle ſeine Ueberredungskraft zu¬<lb/>ſammen, um die Leute durch die nachdruͤcklich¬<lb/>ſten Vorſtellungen zu uͤberzeugen, daß es wirk¬<lb/>
lich ſein Vorſatz ſey, in Erfurt zu ſtudiren, wo¬<lb/>
von ihn nichts in der Welt abbringen koͤnne,<lb/>
daß dieſe ihm endlich zu glauben ſchienen.</p><lb/><p>Der Schulmeiſter ſagte ihm auf lateiniſch,<lb/>
wenn er Morgenfruͤh auf Muͤhlhauſen zureißte,<lb/>ſo wuͤrde ihm der Wirth von dieſem Gaſthofe<lb/>
begegnen, der auch lateiniſch ſpraͤche, und ver¬<lb/>
reißt geweſen ſey, um die ſeinigen (<hirendition="#aq">fuos</hi>) zu<lb/>
hohlen.</p><lb/><p>Der Soldat aber verſprach Reiſern, zu ſei¬<lb/>
nem Schrecken, ihn den andern Morgen zu<lb/>
begleiten, und ihn durch ein Gehoͤlz auf den<lb/>
Weg zu bringen.</p><lb/><p>Den andern Morgen in aller Fruͤhe war<lb/>
der Soldat ſchon wieder da, um ihn zu beglei¬<lb/>
ten, und wollte im Gaſthofe Reiſers Zeche be¬<lb/></p></body></text></TEI>
[31/0045]
So dauerte es nun den ganzen Tag uͤber,
welcher fuͤr Reiſern, der nicht fort konnte, einer
der traurigſten war, bis es gegen Abend ſich
aufklaͤrte, und auf einmal ſein Muth wieder
erwachte.
Er nahm alle ſeine Ueberredungskraft zu¬
ſammen, um die Leute durch die nachdruͤcklich¬
ſten Vorſtellungen zu uͤberzeugen, daß es wirk¬
lich ſein Vorſatz ſey, in Erfurt zu ſtudiren, wo¬
von ihn nichts in der Welt abbringen koͤnne,
daß dieſe ihm endlich zu glauben ſchienen.
Der Schulmeiſter ſagte ihm auf lateiniſch,
wenn er Morgenfruͤh auf Muͤhlhauſen zureißte,
ſo wuͤrde ihm der Wirth von dieſem Gaſthofe
begegnen, der auch lateiniſch ſpraͤche, und ver¬
reißt geweſen ſey, um die ſeinigen (fuos) zu
hohlen.
Der Soldat aber verſprach Reiſern, zu ſei¬
nem Schrecken, ihn den andern Morgen zu
begleiten, und ihn durch ein Gehoͤlz auf den
Weg zu bringen.
Den andern Morgen in aller Fruͤhe war
der Soldat ſchon wieder da, um ihn zu beglei¬
ten, und wollte im Gaſthofe Reiſers Zeche be¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/45>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.