Reiser ging nun in die Stube, und legte zu noch mehrerem Beweise, daß er ein Litteratus sey, seinen Homer auf den Tisch, welchen denn auch der Schulmeister gleich kannte, und den Bauern auf deutsch sagte, daß das der Ho¬ mer wäre.
Mit Reisern aber fuhr er immer fort Latein zu sprechen, so gut es gehen wollte, wobei denn viel komisches mit unter lief; da er sehr viel von seinem gelehrten Unterricht sprach, so fragte ihn Reiser, ob er auch mit seinen Schü¬ lern die Kirchenväter läse? worüber er erst ein wenig in Verlegenheit gerieth, sich aber doch bald wieder faßte, und sagte: alternatim.
Er nahm nun Abschied von Reisern, der den andern Morgen früh schon weiter gehen wollte, und warnte ihn, sich vor den Kaiser¬ lichen und Preußischen Werbern in diesen Ge¬ genden in Acht zu nehmen, und sich durch keine Drohungen schrecken zu lassen, wenn sie etwa äußerten, daß sie ihn mit Gewalt nehmen wollten.
Reiser legte sich auf seine Streu ruhig schla¬ fen -- als er aber am andern Morgen erwachte,
B 5
Reiſer ging nun in die Stube, und legte zu noch mehrerem Beweiſe, daß er ein Litteratus ſey, ſeinen Homer auf den Tiſch, welchen denn auch der Schulmeiſter gleich kannte, und den Bauern auf deutſch ſagte, daß das der Ho¬ mer waͤre.
Mit Reiſern aber fuhr er immer fort Latein zu ſprechen, ſo gut es gehen wollte, wobei denn viel komiſches mit unter lief; da er ſehr viel von ſeinem gelehrten Unterricht ſprach, ſo fragte ihn Reiſer, ob er auch mit ſeinen Schuͤ¬ lern die Kirchenvaͤter laͤſe? woruͤber er erſt ein wenig in Verlegenheit gerieth, ſich aber doch bald wieder faßte, und ſagte: alternatim.
Er nahm nun Abſchied von Reiſern, der den andern Morgen fruͤh ſchon weiter gehen wollte, und warnte ihn, ſich vor den Kaiſer¬ lichen und Preußiſchen Werbern in dieſen Ge¬ genden in Acht zu nehmen, und ſich durch keine Drohungen ſchrecken zu laſſen, wenn ſie etwa aͤußerten, daß ſie ihn mit Gewalt nehmen wollten.
Reiſer legte ſich auf ſeine Streu ruhig ſchla¬ fen — als er aber am andern Morgen erwachte,
B 5
<TEI><text><body><pbfacs="#f0039"n="25"/><p>Reiſer ging nun in die Stube, und legte zu<lb/>
noch mehrerem Beweiſe, daß er ein Litteratus<lb/>ſey, ſeinen Homer auf den Tiſch, welchen denn<lb/>
auch der Schulmeiſter gleich kannte, und den<lb/>
Bauern auf deutſch ſagte, daß das der Ho¬<lb/>
mer waͤre.</p><lb/><p>Mit Reiſern aber fuhr er immer fort Latein<lb/>
zu ſprechen, ſo gut es gehen wollte, wobei<lb/>
denn viel komiſches mit unter lief; da er ſehr<lb/>
viel von ſeinem gelehrten Unterricht ſprach, ſo<lb/>
fragte ihn Reiſer, ob er auch mit ſeinen Schuͤ¬<lb/>
lern die Kirchenvaͤter laͤſe? woruͤber er erſt ein<lb/>
wenig in Verlegenheit gerieth, ſich aber doch<lb/>
bald wieder faßte, und ſagte: <hirendition="#aq">alternatim</hi>.</p><lb/><p>Er nahm nun Abſchied von Reiſern, der<lb/>
den andern Morgen fruͤh ſchon weiter gehen<lb/>
wollte, und warnte ihn, ſich vor den Kaiſer¬<lb/>
lichen und Preußiſchen Werbern in dieſen Ge¬<lb/>
genden in Acht zu nehmen, und ſich durch keine<lb/>
Drohungen ſchrecken zu laſſen, wenn ſie etwa<lb/>
aͤußerten, daß ſie ihn mit Gewalt nehmen<lb/>
wollten.</p><lb/><p>Reiſer legte ſich auf ſeine Streu ruhig ſchla¬<lb/>
fen — als er aber am andern Morgen erwachte,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 5<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[25/0039]
Reiſer ging nun in die Stube, und legte zu
noch mehrerem Beweiſe, daß er ein Litteratus
ſey, ſeinen Homer auf den Tiſch, welchen denn
auch der Schulmeiſter gleich kannte, und den
Bauern auf deutſch ſagte, daß das der Ho¬
mer waͤre.
Mit Reiſern aber fuhr er immer fort Latein
zu ſprechen, ſo gut es gehen wollte, wobei
denn viel komiſches mit unter lief; da er ſehr
viel von ſeinem gelehrten Unterricht ſprach, ſo
fragte ihn Reiſer, ob er auch mit ſeinen Schuͤ¬
lern die Kirchenvaͤter laͤſe? woruͤber er erſt ein
wenig in Verlegenheit gerieth, ſich aber doch
bald wieder faßte, und ſagte: alternatim.
Er nahm nun Abſchied von Reiſern, der
den andern Morgen fruͤh ſchon weiter gehen
wollte, und warnte ihn, ſich vor den Kaiſer¬
lichen und Preußiſchen Werbern in dieſen Ge¬
genden in Acht zu nehmen, und ſich durch keine
Drohungen ſchrecken zu laſſen, wenn ſie etwa
aͤußerten, daß ſie ihn mit Gewalt nehmen
wollten.
Reiſer legte ſich auf ſeine Streu ruhig ſchla¬
fen — als er aber am andern Morgen erwachte,
B 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/39>, abgerufen am 30.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.