ihm einige Franziskanermönche aus dem dasigen Kloster begegneten, die ihn freundlich grüßten.
Als er vor dem Kloster vorbeiging, hörte er inwendig den Gesang der Mönche, die da nun von der Welt abgeschieden, ohne Sorgen, Pläne und Aussichten lebten, und alles das, was sie seyn wollten, auf einmal waren.
Dieß machte zwar einigen Eindruck auf sein Gemüth, aber lange nicht so stark, als nach¬ her der erste Anblick eines Kartheuserklosters, dessen Einwohner durch ihre Mauern gänzlich von der Welt geschieden, auch nie mit einem Fuße den Schauplatz wieder betreten, den sie einmal verlassen haben.
Durch die wandernden Franziskanermönche aber wurde die Idee von Abgeschiedenheit klein¬ licht und abgeschmackt. -- Der schnelle Gang vertrug sich nicht mit dem Ordenskleide, und das Ganze hatte auch nicht einmal poetische Würde.
Uebrigens tönte die hochdeutsche Sprache der Leute in diesen Gegenden immer angenehm in Reisers Ohren, weil dadurch die Idee seiner nunmehrigen Entfernung von dem plattdeut¬
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ihm einige Franziskanermoͤnche aus dem daſigen Kloſter begegneten, die ihn freundlich gruͤßten.
Als er vor dem Kloſter vorbeiging, hoͤrte er inwendig den Geſang der Moͤnche, die da nun von der Welt abgeſchieden, ohne Sorgen, Plaͤne und Ausſichten lebten, und alles das, was ſie ſeyn wollten, auf einmal waren.
Dieß machte zwar einigen Eindruck auf ſein Gemuͤth, aber lange nicht ſo ſtark, als nach¬ her der erſte Anblick eines Kartheuſerkloſters, deſſen Einwohner durch ihre Mauern gaͤnzlich von der Welt geſchieden, auch nie mit einem Fuße den Schauplatz wieder betreten, den ſie einmal verlaſſen haben.
Durch die wandernden Franziskanermoͤnche aber wurde die Idee von Abgeſchiedenheit klein¬ licht und abgeſchmackt. — Der ſchnelle Gang vertrug ſich nicht mit dem Ordenskleide, und das Ganze hatte auch nicht einmal poetiſche Wuͤrde.
Uebrigens toͤnte die hochdeutſche Sprache der Leute in dieſen Gegenden immer angenehm in Reiſers Ohren, weil dadurch die Idee ſeiner nunmehrigen Entfernung von dem plattdeut¬
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ihm einige Franziskanermoͤnche aus dem daſigen
Kloſter begegneten, die ihn freundlich gruͤßten.
Als er vor dem Kloſter vorbeiging, hoͤrte er
inwendig den Geſang der Moͤnche, die da nun
von der Welt abgeſchieden, ohne Sorgen, Plaͤne
und Ausſichten lebten, und alles das, was ſie
ſeyn wollten, auf einmal waren.
Dieß machte zwar einigen Eindruck auf ſein
Gemuͤth, aber lange nicht ſo ſtark, als nach¬
her der erſte Anblick eines Kartheuſerkloſters,
deſſen Einwohner durch ihre Mauern gaͤnzlich
von der Welt geſchieden, auch nie mit einem
Fuße den Schauplatz wieder betreten, den ſie
einmal verlaſſen haben.
Durch die wandernden Franziskanermoͤnche
aber wurde die Idee von Abgeſchiedenheit klein¬
licht und abgeſchmackt. — Der ſchnelle Gang
vertrug ſich nicht mit dem Ordenskleide, und
das Ganze hatte auch nicht einmal poetiſche
Wuͤrde.
Uebrigens toͤnte die hochdeutſche Sprache
der Leute in dieſen Gegenden immer angenehm
in Reiſers Ohren, weil dadurch die Idee ſeiner
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/37>, abgerufen am 16.02.2025.
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