kollegium fleißig zu besuchen. Dies bestand aus einer Anzahl Studenten, die sich in der Kauf¬ mannskirche, in Gegenwart des Doktor Fro¬ riep und der übrigen Studenten, bei verschlo߬ nen Thüren, im Predigen übten.
Hier wünschte nun Reiser ebenfalls auftreten zu können, um seine Deklamation hier hören zu lassen, und es war ihm immer eine der rei¬ zendsten Aussichten, wenn der Doktor Froriep ihm einmal verstatten würde, hier die Kanzel zu besteigen. Auch hatte er sich schon ein Thema ausgedacht, worin er die Schönheiten der Na¬ tur, den Wechsel der Jahreszeiten mit poetischen Farben schildern, und mit den glänzenden und schimmernden Aussichten in die Ewigkeit auf eine pathetische Weise seine Predigt beschließen wollte. Allein es kamen immer Hindernisse da¬ zwischen, daß ihm dieser Wunsch in Erfurt nicht gewährt wurde.
So wie man nun an allem zweifelt, was man heftig wünscht, so zweifelte er auch immer, ob die wirkliche Aufführung der Komödie zu Stande kommen, und er seine Rolle darin be¬ halten würde. Dieser Wunsch wurde ihm
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kollegium fleißig zu beſuchen. Dies beſtand aus einer Anzahl Studenten, die ſich in der Kauf¬ mannskirche, in Gegenwart des Doktor Fro¬ riep und der uͤbrigen Studenten, bei verſchlo߬ nen Thuͤren, im Predigen uͤbten.
Hier wuͤnſchte nun Reiſer ebenfalls auftreten zu koͤnnen, um ſeine Deklamation hier hoͤren zu laſſen, und es war ihm immer eine der rei¬ zendſten Ausſichten, wenn der Doktor Froriep ihm einmal verſtatten wuͤrde, hier die Kanzel zu beſteigen. Auch hatte er ſich ſchon ein Thema ausgedacht, worin er die Schoͤnheiten der Na¬ tur, den Wechſel der Jahreszeiten mit poetiſchen Farben ſchildern, und mit den glaͤnzenden und ſchimmernden Ausſichten in die Ewigkeit auf eine pathetiſche Weiſe ſeine Predigt beſchließen wollte. Allein es kamen immer Hinderniſſe da¬ zwiſchen, daß ihm dieſer Wunſch in Erfurt nicht gewaͤhrt wurde.
So wie man nun an allem zweifelt, was man heftig wuͤnſcht, ſo zweifelte er auch immer, ob die wirkliche Auffuͤhrung der Komoͤdie zu Stande kommen, und er ſeine Rolle darin be¬ halten wuͤrde. Dieſer Wunſch wurde ihm
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kollegium fleißig zu beſuchen. Dies beſtand aus
einer Anzahl Studenten, die ſich in der Kauf¬
mannskirche, in Gegenwart des Doktor Fro¬
riep und der uͤbrigen Studenten, bei verſchlo߬
nen Thuͤren, im Predigen uͤbten.
Hier wuͤnſchte nun Reiſer ebenfalls auftreten
zu koͤnnen, um ſeine Deklamation hier hoͤren
zu laſſen, und es war ihm immer eine der rei¬
zendſten Ausſichten, wenn der Doktor Froriep
ihm einmal verſtatten wuͤrde, hier die Kanzel zu
beſteigen. Auch hatte er ſich ſchon ein Thema
ausgedacht, worin er die Schoͤnheiten der Na¬
tur, den Wechſel der Jahreszeiten mit poetiſchen
Farben ſchildern, und mit den glaͤnzenden und
ſchimmernden Ausſichten in die Ewigkeit auf
eine pathetiſche Weiſe ſeine Predigt beſchließen
wollte. Allein es kamen immer Hinderniſſe da¬
zwiſchen, daß ihm dieſer Wunſch in Erfurt
nicht gewaͤhrt wurde.
So wie man nun an allem zweifelt, was
man heftig wuͤnſcht, ſo zweifelte er auch immer,
ob die wirkliche Auffuͤhrung der Komoͤdie zu
Stande kommen, und er ſeine Rolle darin be¬
halten wuͤrde. Dieſer Wunſch wurde ihm
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/145>, abgerufen am 07.07.2024.
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