Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

kollegium fleißig zu besuchen. Dies bestand aus
einer Anzahl Studenten, die sich in der Kauf¬
mannskirche, in Gegenwart des Doktor Fro¬
riep und der übrigen Studenten, bei verschlo߬
nen Thüren, im Predigen übten.

Hier wünschte nun Reiser ebenfalls auftreten
zu können, um seine Deklamation hier hören
zu lassen, und es war ihm immer eine der rei¬
zendsten Aussichten, wenn der Doktor Froriep
ihm einmal verstatten würde, hier die Kanzel zu
besteigen. Auch hatte er sich schon ein Thema
ausgedacht, worin er die Schönheiten der Na¬
tur, den Wechsel der Jahreszeiten mit poetischen
Farben schildern, und mit den glänzenden und
schimmernden Aussichten in die Ewigkeit auf
eine pathetische Weise seine Predigt beschließen
wollte. Allein es kamen immer Hindernisse da¬
zwischen, daß ihm dieser Wunsch in Erfurt
nicht gewährt wurde.

So wie man nun an allem zweifelt, was
man heftig wünscht, so zweifelte er auch immer,
ob die wirkliche Aufführung der Komödie zu
Stande kommen, und er seine Rolle darin be¬
halten würde. Dieser Wunsch wurde ihm

J 2

kollegium fleißig zu beſuchen. Dies beſtand aus
einer Anzahl Studenten, die ſich in der Kauf¬
mannskirche, in Gegenwart des Doktor Fro¬
riep und der uͤbrigen Studenten, bei verſchlo߬
nen Thuͤren, im Predigen uͤbten.

Hier wuͤnſchte nun Reiſer ebenfalls auftreten
zu koͤnnen, um ſeine Deklamation hier hoͤren
zu laſſen, und es war ihm immer eine der rei¬
zendſten Ausſichten, wenn der Doktor Froriep
ihm einmal verſtatten wuͤrde, hier die Kanzel zu
beſteigen. Auch hatte er ſich ſchon ein Thema
ausgedacht, worin er die Schoͤnheiten der Na¬
tur, den Wechſel der Jahreszeiten mit poetiſchen
Farben ſchildern, und mit den glaͤnzenden und
ſchimmernden Ausſichten in die Ewigkeit auf
eine pathetiſche Weiſe ſeine Predigt beſchließen
wollte. Allein es kamen immer Hinderniſſe da¬
zwiſchen, daß ihm dieſer Wunſch in Erfurt
nicht gewaͤhrt wurde.

So wie man nun an allem zweifelt, was
man heftig wuͤnſcht, ſo zweifelte er auch immer,
ob die wirkliche Auffuͤhrung der Komoͤdie zu
Stande kommen, und er ſeine Rolle darin be¬
halten wuͤrde. Dieſer Wunſch wurde ihm

J 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0145" n="131"/>
kollegium fleißig zu be&#x017F;uchen. Dies be&#x017F;tand aus<lb/>
einer Anzahl Studenten, die &#x017F;ich in der Kauf¬<lb/>
mannskirche, in Gegenwart des Doktor Fro¬<lb/>
riep und der u&#x0364;brigen Studenten, bei ver&#x017F;chlo߬<lb/>
nen Thu&#x0364;ren, im Predigen u&#x0364;bten.</p><lb/>
      <p>Hier wu&#x0364;n&#x017F;chte nun Rei&#x017F;er ebenfalls auftreten<lb/>
zu ko&#x0364;nnen, um &#x017F;eine Deklamation hier ho&#x0364;ren<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en, und es war ihm immer eine der rei¬<lb/>
zend&#x017F;ten Aus&#x017F;ichten, wenn der Doktor Froriep<lb/>
ihm einmal ver&#x017F;tatten wu&#x0364;rde, hier die Kanzel zu<lb/>
be&#x017F;teigen. Auch hatte er &#x017F;ich &#x017F;chon ein Thema<lb/>
ausgedacht, worin er die Scho&#x0364;nheiten der Na¬<lb/>
tur, den Wech&#x017F;el der Jahreszeiten mit poeti&#x017F;chen<lb/>
Farben &#x017F;childern, und mit den gla&#x0364;nzenden und<lb/>
&#x017F;chimmernden Aus&#x017F;ichten in die Ewigkeit auf<lb/>
eine patheti&#x017F;che Wei&#x017F;e &#x017F;eine Predigt be&#x017F;chließen<lb/>
wollte. Allein es kamen immer Hinderni&#x017F;&#x017F;e da¬<lb/>
zwi&#x017F;chen, daß ihm die&#x017F;er Wun&#x017F;ch in Erfurt<lb/>
nicht gewa&#x0364;hrt wurde.</p><lb/>
      <p>So wie man nun an allem zweifelt, was<lb/>
man heftig wu&#x0364;n&#x017F;cht, &#x017F;o zweifelte er auch immer,<lb/>
ob die wirkliche Auffu&#x0364;hrung der Komo&#x0364;die zu<lb/>
Stande kommen, und er &#x017F;eine Rolle darin be¬<lb/>
halten wu&#x0364;rde. Die&#x017F;er Wun&#x017F;ch wurde ihm<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 2<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0145] kollegium fleißig zu beſuchen. Dies beſtand aus einer Anzahl Studenten, die ſich in der Kauf¬ mannskirche, in Gegenwart des Doktor Fro¬ riep und der uͤbrigen Studenten, bei verſchlo߬ nen Thuͤren, im Predigen uͤbten. Hier wuͤnſchte nun Reiſer ebenfalls auftreten zu koͤnnen, um ſeine Deklamation hier hoͤren zu laſſen, und es war ihm immer eine der rei¬ zendſten Ausſichten, wenn der Doktor Froriep ihm einmal verſtatten wuͤrde, hier die Kanzel zu beſteigen. Auch hatte er ſich ſchon ein Thema ausgedacht, worin er die Schoͤnheiten der Na¬ tur, den Wechſel der Jahreszeiten mit poetiſchen Farben ſchildern, und mit den glaͤnzenden und ſchimmernden Ausſichten in die Ewigkeit auf eine pathetiſche Weiſe ſeine Predigt beſchließen wollte. Allein es kamen immer Hinderniſſe da¬ zwiſchen, daß ihm dieſer Wunſch in Erfurt nicht gewaͤhrt wurde. So wie man nun an allem zweifelt, was man heftig wuͤnſcht, ſo zweifelte er auch immer, ob die wirkliche Auffuͤhrung der Komoͤdie zu Stande kommen, und er ſeine Rolle darin be¬ halten wuͤrde. Dieſer Wunſch wurde ihm J 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/145
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/145>, abgerufen am 25.11.2024.