Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.Sie setzten sich an ihre Pulte auf dem Chor Ganz an den einem Ende des halben Zir¬ O. . . . kannte diesen Unglücklichen, der in Halbe Tage brachte er auf der alten Mauer Mit jenem Jüngling wollte er dort verblü¬ Sie ſetzten ſich an ihre Pulte auf dem Chor Ganz an den einem Ende des halben Zir¬ O. . . . kannte dieſen Ungluͤcklichen, der in Halbe Tage brachte er auf der alten Mauer Mit jenem Juͤngling wollte er dort verbluͤ¬ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0136" n="122"/> <p>Sie ſetzten ſich an ihre Pulte auf dem Chor<lb/> und ſtimmten ihren Bußgeſang in tiefen, trau¬<lb/> rigen Toͤnen an — bald ſtanden ſie auf und<lb/> ſangen Hymnen, die traurig zuruͤck erſchallten;<lb/> dann fielen ſie auf ihr Angeſicht, und flehten in<lb/> tiefen klagenden Toͤnen um Erbarmung. —</p><lb/> <p>Ganz an den einem Ende des halben Zir¬<lb/> kels ſtand ein Juͤngling mit blaſſen Wangen von<lb/> ausnehmend ſchoͤner Bildung. — Reiſer konnte<lb/> ſeine Augen nicht von den ſeinigen wenden, die<lb/> er andachtsvoll gen Himmel ſchlug. —</p><lb/> <p>O. . . . kannte dieſen Ungluͤcklichen, der in<lb/> den Orden der Karthaͤuſer getreten war, weil<lb/> der Blitz ſeinen Jugendfreund an ſeiner Seite<lb/> erſchlagen hatte — und Reiſern ſchwebte das<lb/> Bild dieſes Juͤnglings von nun an beſtaͤndig<lb/> vor der Seele. —</p><lb/> <p>Halbe Tage brachte er auf der alten Mauer<lb/> hinter ſeiner Wohnung zu, und ſehnte ſich in<lb/> den Bezirk jener ſtillen Mauren hin, die ſeiner<lb/> Meinung nach eine ganze Welt mit allen ihren<lb/> Taͤuſchungen und Blendwerken ausſchloſſen. —</p><lb/> <p>Mit jenem Juͤngling wollte er dort verbluͤ¬<lb/> hen, und dem Grabe zuwelken — dort wollte<lb/></p> </body> </text> </TEI> [122/0136]
Sie ſetzten ſich an ihre Pulte auf dem Chor
und ſtimmten ihren Bußgeſang in tiefen, trau¬
rigen Toͤnen an — bald ſtanden ſie auf und
ſangen Hymnen, die traurig zuruͤck erſchallten;
dann fielen ſie auf ihr Angeſicht, und flehten in
tiefen klagenden Toͤnen um Erbarmung. —
Ganz an den einem Ende des halben Zir¬
kels ſtand ein Juͤngling mit blaſſen Wangen von
ausnehmend ſchoͤner Bildung. — Reiſer konnte
ſeine Augen nicht von den ſeinigen wenden, die
er andachtsvoll gen Himmel ſchlug. —
O. . . . kannte dieſen Ungluͤcklichen, der in
den Orden der Karthaͤuſer getreten war, weil
der Blitz ſeinen Jugendfreund an ſeiner Seite
erſchlagen hatte — und Reiſern ſchwebte das
Bild dieſes Juͤnglings von nun an beſtaͤndig
vor der Seele. —
Halbe Tage brachte er auf der alten Mauer
hinter ſeiner Wohnung zu, und ſehnte ſich in
den Bezirk jener ſtillen Mauren hin, die ſeiner
Meinung nach eine ganze Welt mit allen ihren
Taͤuſchungen und Blendwerken ausſchloſſen. —
Mit jenem Juͤngling wollte er dort verbluͤ¬
hen, und dem Grabe zuwelken — dort wollte
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/136>, abgerufen am 07.07.2024. |