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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

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Im Anfange seines Aufenthalts in Erfurt
waren dieser Augenblicke nur wenige -- er
übersah das Leben immer mehr im Ganzen --
die Ortsveränderung war noch neu -- seine
Einbildungskraft war durch das Immerwie¬
derkehrende
noch nicht gefesselt. --

Dies Immerwiederkehrende in den sinnli¬
chen Eindrücken scheint es vorzüglich zu seyn,
was die Menschen im Zaum hält, und sie auf
einen kleinen Fleck beschränkt. -- Man fühlt
sich nach und nach selbst von der Einförmigkeit
des Kreises, in welchem man sich umdreht, un¬
widerstehlich angezogen, gewinnt das Alte lieb,
und flieht das Neue -- Es scheint eine Art von
Frevel, aus dieser Umgebung hinauszutreten,
die gleichsam zu einem zweiten Körper von uns
geworden ist, in welchen der erstere sich ge¬
fügt hat.

Reisers Wohnung auf der Kirschlache schien
auch gerade dazu gemacht zu seyn, um seine Ein¬
bildungskraft aufs neue wieder zu fesseln.

Die Aussicht über die Gärten nach dem
Karthäuserkloster hin hatte nehmlich so etwas
Romantisches, das Reisern unwiderstehlich an¬

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Im Anfange ſeines Aufenthalts in Erfurt
waren dieſer Augenblicke nur wenige — er
uͤberſah das Leben immer mehr im Ganzen —
die Ortsveraͤnderung war noch neu — ſeine
Einbildungskraft war durch das Immerwie¬
derkehrende
noch nicht gefeſſelt. —

Dies Immerwiederkehrende in den ſinnli¬
chen Eindruͤcken ſcheint es vorzuͤglich zu ſeyn,
was die Menſchen im Zaum haͤlt, und ſie auf
einen kleinen Fleck beſchraͤnkt. — Man fuͤhlt
ſich nach und nach ſelbſt von der Einfoͤrmigkeit
des Kreiſes, in welchem man ſich umdreht, un¬
widerſtehlich angezogen, gewinnt das Alte lieb,
und flieht das Neue — Es ſcheint eine Art von
Frevel, aus dieſer Umgebung hinauszutreten,
die gleichſam zu einem zweiten Koͤrper von uns
geworden iſt, in welchen der erſtere ſich ge¬
fuͤgt hat.

Reiſers Wohnung auf der Kirſchlache ſchien
auch gerade dazu gemacht zu ſeyn, um ſeine Ein¬
bildungskraft aufs neue wieder zu feſſeln.

Die Ausſicht uͤber die Gaͤrten nach dem
Karthaͤuſerkloſter hin hatte nehmlich ſo etwas
Romantiſches, das Reiſern unwiderſtehlich an¬

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[115/0129] Im Anfange ſeines Aufenthalts in Erfurt waren dieſer Augenblicke nur wenige — er uͤberſah das Leben immer mehr im Ganzen — die Ortsveraͤnderung war noch neu — ſeine Einbildungskraft war durch das Immerwie¬ derkehrende noch nicht gefeſſelt. — Dies Immerwiederkehrende in den ſinnli¬ chen Eindruͤcken ſcheint es vorzuͤglich zu ſeyn, was die Menſchen im Zaum haͤlt, und ſie auf einen kleinen Fleck beſchraͤnkt. — Man fuͤhlt ſich nach und nach ſelbſt von der Einfoͤrmigkeit des Kreiſes, in welchem man ſich umdreht, un¬ widerſtehlich angezogen, gewinnt das Alte lieb, und flieht das Neue — Es ſcheint eine Art von Frevel, aus dieſer Umgebung hinauszutreten, die gleichſam zu einem zweiten Koͤrper von uns geworden iſt, in welchen der erſtere ſich ge¬ fuͤgt hat. Reiſers Wohnung auf der Kirſchlache ſchien auch gerade dazu gemacht zu ſeyn, um ſeine Ein¬ bildungskraft aufs neue wieder zu feſſeln. Die Ausſicht uͤber die Gaͤrten nach dem Karthaͤuſerkloſter hin hatte nehmlich ſo etwas Romantiſches, das Reiſern unwiderſtehlich an¬ H 2

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/129>, abgerufen am 24.11.2024.