einmal aus der unbegrenzten Freiheit in die nie¬ derträchtigste Abhängigkeit wieder versunken zu seyn.
Ohngeachtet seines scheuen Wesens aber war man schonend gegen ihn, und dieß hatte er wie¬ derum seinen aufgeschriebenen Gedichten zu dan¬ ken, wovon der Doktor Froriep zu verschiede¬ nen Leuten gesprochen hatte, und die ihm, ohne daß er selbst es wußte, unter den Studenten in Erfurt schon einen gewissen Nahmen gemacht hatten, so daß man nun sein sonderbares We¬ sen auf Rechnung seiner Dichtergabe schrieb.
Es fehlte ihm nun gänzlich an Wäsche, und hätte er einiges Zutrauen zu den Menschen ge¬ habt, so hätte er auch itzt diesen Mangel sehr leicht ersetzen können. Allein es war ihm un¬ möglich diesen Mangel zu gestehen, der ihm am drückendsten war, und im Grunde seine meiste Traurigkeit verursachte, die er aber immer selbst auf etwas anders schob, worüber er zu trauren gegen sich selbst affektirte, weil ihm der Mangel an Wäsche ein zu kleiner und unpoetischer Ge¬ genstand schien.
einmal aus der unbegrenzten Freiheit in die nie¬ dertraͤchtigſte Abhaͤngigkeit wieder verſunken zu ſeyn.
Ohngeachtet ſeines ſcheuen Weſens aber war man ſchonend gegen ihn, und dieß hatte er wie¬ derum ſeinen aufgeſchriebenen Gedichten zu dan¬ ken, wovon der Doktor Froriep zu verſchiede¬ nen Leuten geſprochen hatte, und die ihm, ohne daß er ſelbſt es wußte, unter den Studenten in Erfurt ſchon einen gewiſſen Nahmen gemacht hatten, ſo daß man nun ſein ſonderbares We¬ ſen auf Rechnung ſeiner Dichtergabe ſchrieb.
Es fehlte ihm nun gaͤnzlich an Waͤſche, und haͤtte er einiges Zutrauen zu den Menſchen ge¬ habt, ſo haͤtte er auch itzt dieſen Mangel ſehr leicht erſetzen koͤnnen. Allein es war ihm un¬ moͤglich dieſen Mangel zu geſtehen, der ihm am druͤckendſten war, und im Grunde ſeine meiſte Traurigkeit verurſachte, die er aber immer ſelbſt auf etwas anders ſchob, woruͤber er zu trauren gegen ſich ſelbſt affektirte, weil ihm der Mangel an Waͤſche ein zu kleiner und unpoetiſcher Ge¬ genſtand ſchien.
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[108/0122]
einmal aus der unbegrenzten Freiheit in die nie¬
dertraͤchtigſte Abhaͤngigkeit wieder verſunken
zu ſeyn.
Ohngeachtet ſeines ſcheuen Weſens aber war
man ſchonend gegen ihn, und dieß hatte er wie¬
derum ſeinen aufgeſchriebenen Gedichten zu dan¬
ken, wovon der Doktor Froriep zu verſchiede¬
nen Leuten geſprochen hatte, und die ihm, ohne
daß er ſelbſt es wußte, unter den Studenten in
Erfurt ſchon einen gewiſſen Nahmen gemacht
hatten, ſo daß man nun ſein ſonderbares We¬
ſen auf Rechnung ſeiner Dichtergabe ſchrieb.
Es fehlte ihm nun gaͤnzlich an Waͤſche, und
haͤtte er einiges Zutrauen zu den Menſchen ge¬
habt, ſo haͤtte er auch itzt dieſen Mangel ſehr
leicht erſetzen koͤnnen. Allein es war ihm un¬
moͤglich dieſen Mangel zu geſtehen, der ihm am
druͤckendſten war, und im Grunde ſeine meiſte
Traurigkeit verurſachte, die er aber immer ſelbſt
auf etwas anders ſchob, woruͤber er zu trauren
gegen ſich ſelbſt affektirte, weil ihm der Mangel
an Waͤſche ein zu kleiner und unpoetiſcher Ge¬
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/122>, abgerufen am 07.07.2024.
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