Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

katholisch sey oder sich zur Augspurgischen Kon¬
fession bekenne, und als Reiser das letztere be¬
jahte, so antwortete ihm der Prälat fast mit
seinen eigenen Worten wieder: es thäte ihm
zwar leid, daß Reiser vom widrigen Glück um¬
hergetrieben sey, doch sähe er noch kein Mittel,
wie er gerade auf dieser Universität Unterstü¬
tzung finden würde? Indes wolle er ihm die
Hoffnung nicht dazu benehmen.

Hierauf fragte er nach Reisers Geburtsort,
und da dieser Hannover nannte, so fuhr der
Prälat fort: er gäbe ihm den Rath sich an den
Doktor Froriep zu wenden, weil dieser gewisser¬
maßen sein Landsmann sey. Bei dem möchte
er sich also melden, und dann wieder zu ihm
kommen. Mit diesen Worten drückte er Rei¬
sern ein Stück Silbergeld in die Hand, und
fügte hinzu: er möchte mit diesem kleinen Mit¬
tagsmahl vorlieb nehmen.

Wenn ja etwas den Muth des Zerschlagenen
wieder aufrichten, und den völlig Gesunkenen
von der Verzweiflung retten kann, so ist es die
Mine und der Ton, womit der Prälat Gün¬

G 2

katholiſch ſey oder ſich zur Augſpurgiſchen Kon¬
feſſion bekenne, und als Reiſer das letztere be¬
jahte, ſo antwortete ihm der Praͤlat faſt mit
ſeinen eigenen Worten wieder: es thaͤte ihm
zwar leid, daß Reiſer vom widrigen Gluͤck um¬
hergetrieben ſey, doch ſaͤhe er noch kein Mittel,
wie er gerade auf dieſer Univerſitaͤt Unterſtuͤ¬
tzung finden wuͤrde? Indes wolle er ihm die
Hoffnung nicht dazu benehmen.

Hierauf fragte er nach Reiſers Geburtsort,
und da dieſer Hannover nannte, ſo fuhr der
Praͤlat fort: er gaͤbe ihm den Rath ſich an den
Doktor Froriep zu wenden, weil dieſer gewiſſer¬
maßen ſein Landsmann ſey. Bei dem moͤchte
er ſich alſo melden, und dann wieder zu ihm
kommen. Mit dieſen Worten druͤckte er Rei¬
ſern ein Stuͤck Silbergeld in die Hand, und
fuͤgte hinzu: er moͤchte mit dieſem kleinen Mit¬
tagsmahl vorlieb nehmen.

Wenn ja etwas den Muth des Zerſchlagenen
wieder aufrichten, und den voͤllig Geſunkenen
von der Verzweiflung retten kann, ſo iſt es die
Mine und der Ton, womit der Praͤlat Guͤn¬

G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0113" n="99"/>
katholi&#x017F;ch &#x017F;ey oder &#x017F;ich zur Aug&#x017F;purgi&#x017F;chen Kon¬<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;ion bekenne, und als Rei&#x017F;er das letztere be¬<lb/>
jahte, &#x017F;o antwortete ihm der Pra&#x0364;lat fa&#x017F;t mit<lb/>
&#x017F;einen eigenen Worten wieder: es tha&#x0364;te ihm<lb/>
zwar leid, daß Rei&#x017F;er vom widrigen Glu&#x0364;ck um¬<lb/>
hergetrieben &#x017F;ey, doch &#x017F;a&#x0364;he er noch kein Mittel,<lb/>
wie er gerade auf die&#x017F;er Univer&#x017F;ita&#x0364;t Unter&#x017F;tu&#x0364;¬<lb/>
tzung finden wu&#x0364;rde? Indes wolle er ihm die<lb/>
Hoffnung nicht dazu benehmen.</p><lb/>
      <p>Hierauf fragte er nach Rei&#x017F;ers Geburtsort,<lb/>
und da die&#x017F;er Hannover nannte, &#x017F;o fuhr der<lb/>
Pra&#x0364;lat fort: er ga&#x0364;be ihm den Rath &#x017F;ich an den<lb/>
Doktor Froriep zu wenden, weil die&#x017F;er gewi&#x017F;&#x017F;er¬<lb/>
maßen &#x017F;ein Landsmann &#x017F;ey. Bei dem mo&#x0364;chte<lb/>
er &#x017F;ich al&#x017F;o melden, und dann wieder zu ihm<lb/>
kommen. Mit die&#x017F;en Worten dru&#x0364;ckte er Rei¬<lb/>
&#x017F;ern ein Stu&#x0364;ck Silbergeld in die Hand, und<lb/>
fu&#x0364;gte hinzu: er mo&#x0364;chte mit die&#x017F;em kleinen Mit¬<lb/>
tagsmahl vorlieb nehmen.</p><lb/>
      <p>Wenn ja etwas den Muth des Zer&#x017F;chlagenen<lb/>
wieder aufrichten, und den vo&#x0364;llig Ge&#x017F;unkenen<lb/>
von der Verzweiflung retten kann, &#x017F;o i&#x017F;t es die<lb/>
Mine und der Ton, womit der Pra&#x0364;lat Gu&#x0364;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 2<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0113] katholiſch ſey oder ſich zur Augſpurgiſchen Kon¬ feſſion bekenne, und als Reiſer das letztere be¬ jahte, ſo antwortete ihm der Praͤlat faſt mit ſeinen eigenen Worten wieder: es thaͤte ihm zwar leid, daß Reiſer vom widrigen Gluͤck um¬ hergetrieben ſey, doch ſaͤhe er noch kein Mittel, wie er gerade auf dieſer Univerſitaͤt Unterſtuͤ¬ tzung finden wuͤrde? Indes wolle er ihm die Hoffnung nicht dazu benehmen. Hierauf fragte er nach Reiſers Geburtsort, und da dieſer Hannover nannte, ſo fuhr der Praͤlat fort: er gaͤbe ihm den Rath ſich an den Doktor Froriep zu wenden, weil dieſer gewiſſer¬ maßen ſein Landsmann ſey. Bei dem moͤchte er ſich alſo melden, und dann wieder zu ihm kommen. Mit dieſen Worten druͤckte er Rei¬ ſern ein Stuͤck Silbergeld in die Hand, und fuͤgte hinzu: er moͤchte mit dieſem kleinen Mit¬ tagsmahl vorlieb nehmen. Wenn ja etwas den Muth des Zerſchlagenen wieder aufrichten, und den voͤllig Geſunkenen von der Verzweiflung retten kann, ſo iſt es die Mine und der Ton, womit der Praͤlat Guͤn¬ G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/113
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 4. Berlin, 1790, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser04_1790/113>, abgerufen am 25.11.2024.