dem Gedicht auf den Tod des jungen M... sehr merklich unterschied.
Diß Gedicht fand nun, einige Härten ausgenommen, Philipp Reisers Beifall wie¬ der, welches für Anton Reisern so aufmun¬ ternd war, daß er nun auch ohne Veran¬ lassung, durch eigne Aufsätze in Prosa und in Versen, sich seines Freundes Beifall zu erwerben suchte. --
Allein die Aufsätze und Gedichte ohne eigent¬ liche Veranlassung, wollten ihm nie recht gelin¬ gen -- er quälte sich vierzehn Tage lang mit ei¬ nem Gegenstande, den er sich zu besingen vor¬ genommen hatte; diß war eine Gegeneinander¬ stellung des Weltmanns, dessen Hoffnung sich mit diesem Leben endigt, und des Christen, der eine frohe Aussicht auf die Zukunft jenseits des Grabes hat. -- Diese Idee war ein Ueberbleib¬ sel seiner Lektüre von Youngs Nachtgedanken, und da ihm der Gegenstand, worüber er Verse machen wollte, gleichgültig war, indem er keine besondre Veranlassung zum Dichten, als seine Neigung und das Streben nach dem Beifall sei¬ nes Freundes hatte, so drängte sich ihm das Re¬
dem Gedicht auf den Tod des jungen M... ſehr merklich unterſchied.
Diß Gedicht fand nun, einige Haͤrten ausgenommen, Philipp Reiſers Beifall wie¬ der, welches fuͤr Anton Reiſern ſo aufmun¬ ternd war, daß er nun auch ohne Veran¬ laſſung, durch eigne Aufſaͤtze in Proſa und in Verſen, ſich ſeines Freundes Beifall zu erwerben ſuchte. —
Allein die Aufſaͤtze und Gedichte ohne eigent¬ liche Veranlaſſung, wollten ihm nie recht gelin¬ gen — er quaͤlte ſich vierzehn Tage lang mit ei¬ nem Gegenſtande, den er ſich zu beſingen vor¬ genommen hatte; diß war eine Gegeneinander¬ ſtellung des Weltmanns, deſſen Hoffnung ſich mit dieſem Leben endigt, und des Chriſten, der eine frohe Ausſicht auf die Zukunft jenſeits des Grabes hat. — Dieſe Idee war ein Ueberbleib¬ ſel ſeiner Lektuͤre von Youngs Nachtgedanken, und da ihm der Gegenſtand, woruͤber er Verſe machen wollte, gleichguͤltig war, indem er keine beſondre Veranlaſſung zum Dichten, als ſeine Neigung und das Streben nach dem Beifall ſei¬ nes Freundes hatte, ſo draͤngte ſich ihm das Re¬
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dem Gedicht auf den Tod des jungen M... ſehr
merklich unterſchied.
Diß Gedicht fand nun, einige Haͤrten
ausgenommen, Philipp Reiſers Beifall wie¬
der, welches fuͤr Anton Reiſern ſo aufmun¬
ternd war, daß er nun auch ohne Veran¬
laſſung, durch eigne Aufſaͤtze in Proſa und in
Verſen, ſich ſeines Freundes Beifall zu erwerben
ſuchte. —
Allein die Aufſaͤtze und Gedichte ohne eigent¬
liche Veranlaſſung, wollten ihm nie recht gelin¬
gen — er quaͤlte ſich vierzehn Tage lang mit ei¬
nem Gegenſtande, den er ſich zu beſingen vor¬
genommen hatte; diß war eine Gegeneinander¬
ſtellung des Weltmanns, deſſen Hoffnung ſich
mit dieſem Leben endigt, und des Chriſten, der
eine frohe Ausſicht auf die Zukunft jenſeits des
Grabes hat. — Dieſe Idee war ein Ueberbleib¬
ſel ſeiner Lektuͤre von Youngs Nachtgedanken,
und da ihm der Gegenſtand, woruͤber er Verſe
machen wollte, gleichguͤltig war, indem er keine
beſondre Veranlaſſung zum Dichten, als ſeine
Neigung und das Streben nach dem Beifall ſei¬
nes Freundes hatte, ſo draͤngte ſich ihm das Re¬
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/96>, abgerufen am 16.02.2025.
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