Quartier lagen, und ein paar lüderlichen Chor¬ schülern, die noch nebst ihm da wohnten, konn¬ te zur Bildung und Verfeinerung seiner Sitten eben nicht viel beitragen. --
Alles versammlete sich im Winter des Abends in der Stube, und weil er bei dem Geräusch und Lermen doch nicht arbeiten konnte, so mischte er sich lieber mit unter den Hauffen, und amüsirte sich mit den Leuten, die nun einmal den näch¬ sten Kreis um ihn her ausmachten, so gut er konnte.
Ohngeachtet seiner immerwährenden Kopf¬ schmerzen, arbeitete er doch auch so oft er nur ein wenig in Ruhe seyn konnte, für sich, und lernte auf die Weise in Zeit von einigen Wochen französisch, indem er sich einen lateinischen Terenz mit der französischen Uebersetzung liehe, und sich täglich ununterbrochen selbst eine Lektion gab; er kam dadurch wenigstens so weit, daß er von der Zeit an jedes französische Buch ziemlich verstehen konnte.
Da sich indes sein äußerer Zustand nicht ver¬ besserte, und überdem noch körperlicher Schmerz ihn unaufhörlich drückte, so versetzte ihn diß in
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Quartier lagen, und ein paar luͤderlichen Chor¬ ſchuͤlern, die noch nebſt ihm da wohnten, konn¬ te zur Bildung und Verfeinerung ſeiner Sitten eben nicht viel beitragen. —
Alles verſammlete ſich im Winter des Abends in der Stube, und weil er bei dem Geraͤuſch und Lermen doch nicht arbeiten konnte, ſo miſchte er ſich lieber mit unter den Hauffen, und amuͤſirte ſich mit den Leuten, die nun einmal den naͤch¬ ſten Kreis um ihn her ausmachten, ſo gut er konnte.
Ohngeachtet ſeiner immerwaͤhrenden Kopf¬ ſchmerzen, arbeitete er doch auch ſo oft er nur ein wenig in Ruhe ſeyn konnte, fuͤr ſich, und lernte auf die Weiſe in Zeit von einigen Wochen franzoͤſiſch, indem er ſich einen lateiniſchen Terenz mit der franzoͤſiſchen Ueberſetzung liehe, und ſich taͤglich ununterbrochen ſelbſt eine Lektion gab; er kam dadurch wenigſtens ſo weit, daß er von der Zeit an jedes franzoͤſiſche Buch ziemlich verſtehen konnte.
Da ſich indes ſein aͤußerer Zuſtand nicht ver¬ beſſerte, und uͤberdem noch koͤrperlicher Schmerz ihn unaufhoͤrlich druͤckte, ſo verſetzte ihn diß in
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[35/0045]
Quartier lagen, und ein paar luͤderlichen Chor¬
ſchuͤlern, die noch nebſt ihm da wohnten, konn¬
te zur Bildung und Verfeinerung ſeiner Sitten
eben nicht viel beitragen. —
Alles verſammlete ſich im Winter des Abends
in der Stube, und weil er bei dem Geraͤuſch und
Lermen doch nicht arbeiten konnte, ſo miſchte er
ſich lieber mit unter den Hauffen, und amuͤſirte
ſich mit den Leuten, die nun einmal den naͤch¬
ſten Kreis um ihn her ausmachten, ſo gut er
konnte.
Ohngeachtet ſeiner immerwaͤhrenden Kopf¬
ſchmerzen, arbeitete er doch auch ſo oft er nur
ein wenig in Ruhe ſeyn konnte, fuͤr ſich, und
lernte auf die Weiſe in Zeit von einigen Wochen
franzoͤſiſch, indem er ſich einen lateiniſchen Terenz
mit der franzoͤſiſchen Ueberſetzung liehe, und ſich
taͤglich ununterbrochen ſelbſt eine Lektion gab; er
kam dadurch wenigſtens ſo weit, daß er von der
Zeit an jedes franzoͤſiſche Buch ziemlich verſtehen
konnte.
Da ſich indes ſein aͤußerer Zuſtand nicht ver¬
beſſerte, und uͤberdem noch koͤrperlicher Schmerz
ihn unaufhoͤrlich druͤckte, ſo verſetzte ihn diß in
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/45>, abgerufen am 16.02.2025.
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