hemmte, und wie eine bretterne Wand, oder eine undurchdringliche Decke auf einmal seine weitere Aussicht schloß -- es war ihm dann, als habe er nichts gedacht -- als Worte --
Er stieß hier an die undurchdringliche Scheidewand, welche das menschliche Den¬ ken von dem Denken höherer Wesen ver¬ schieden macht, an das nothwendige Be¬ dürfniß der Sprache, ohne welche die menschliche Denkkraft keinen eignen Schwung nehmen kann -- und welche gleichsam nur ein künstlicher Behelf ist, wodurch etwas dem eigentlichen reinen Denken, wozu wir dereinst vielleicht gelangen werden, ähnliches, hervorgebracht wird. --
Die Sprache schien ihm beim Denken im Wege zu stehen, und doch konnte er wieder ohne Sprache nicht denken. --
Manchmal quälte er sich Stunden lang, zu versuchen, ob es möglich sey, ohne Worte zu denken -- Und dann stieß ihm der Begriff vom Daseyn als die Grenze alles menschlichen Denkens auf -- da wurde ihm alles dunkel und öde -- da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer
hemmte, und wie eine bretterne Wand, oder eine undurchdringliche Decke auf einmal ſeine weitere Ausſicht ſchloß — es war ihm dann, als habe er nichts gedacht — als Worte —
Er ſtieß hier an die undurchdringliche Scheidewand, welche das menſchliche Den¬ ken von dem Denken hoͤherer Weſen ver¬ ſchieden macht, an das nothwendige Be¬ duͤrfniß der Sprache, ohne welche die menſchliche Denkkraft keinen eignen Schwung nehmen kann — und welche gleichſam nur ein kuͤnſtlicher Behelf iſt, wodurch etwas dem eigentlichen reinen Denken, wozu wir dereinſt vielleicht gelangen werden, aͤhnliches, hervorgebracht wird. —
Die Sprache ſchien ihm beim Denken im Wege zu ſtehen, und doch konnte er wieder ohne Sprache nicht denken. —
Manchmal quaͤlte er ſich Stunden lang, zu verſuchen, ob es moͤglich ſey, ohne Worte zu denken — Und dann ſtieß ihm der Begriff vom Daſeyn als die Grenze alles menſchlichen Denkens auf — da wurde ihm alles dunkel und oͤde — da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer
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[28/0038]
hemmte, und wie eine bretterne Wand, oder
eine undurchdringliche Decke auf einmal ſeine
weitere Ausſicht ſchloß — es war ihm dann, als
habe er nichts gedacht — als Worte —
Er ſtieß hier an die undurchdringliche
Scheidewand, welche das menſchliche Den¬
ken von dem Denken hoͤherer Weſen ver¬
ſchieden macht, an das nothwendige Be¬
duͤrfniß der Sprache, ohne welche die
menſchliche Denkkraft keinen eignen
Schwung nehmen kann — und welche
gleichſam nur ein kuͤnſtlicher Behelf iſt, wodurch
etwas dem eigentlichen reinen Denken, wozu wir
dereinſt vielleicht gelangen werden, aͤhnliches,
hervorgebracht wird. —
Die Sprache ſchien ihm beim Denken im
Wege zu ſtehen, und doch konnte er wieder ohne
Sprache nicht denken. —
Manchmal quaͤlte er ſich Stunden lang, zu
verſuchen, ob es moͤglich ſey, ohne Worte
zu denken — Und dann ſtieß ihm der Begriff
vom Daſeyn als die Grenze alles menſchlichen
Denkens auf — da wurde ihm alles dunkel und
oͤde — da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/38>, abgerufen am 16.02.2025.
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