Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.können. -- So endigte es sich also mit dem ei¬ Reiser hatte damals schon seit länger als einem koͤnnen. — So endigte es ſich alſo mit dem ei¬ Reiſer hatte damals ſchon ſeit laͤnger als einem <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0024" n="14"/> koͤnnen. — So endigte es ſich alſo mit dem ei¬<lb/> gentlichen ſterbenden Sokrates, von welchem<lb/> Reiſer ſo lange den Spottnahmen tragen mußte,<lb/> da er doch nicht den ſterbenden Sokrates ſelbſt,<lb/> ſondern nur einen unbedeutenden Freund deſſelben,<lb/> vorgeſtellt haͤtte, der nicht viel mehr that, als<lb/> daß er in einem Winkel ſtand und weinte, indes<lb/> der ſterbende Sokrates zur Ruͤhrung aller Zu¬<lb/> ſchauer den Giftbecher trinken und ſich auf dem<lb/> Todtbette noch in dem glaͤnzendſten Lichte zeigen<lb/> konnte.</p><lb/> <p>Reiſer hatte damals ſchon ſeit laͤnger als einem<lb/> Jahre angefangen, ſich ein Tagebuch zu machen,<lb/> worin er alles, was ihm begegnete, aufſchrieb. —<lb/> Diß Tagebuch gerieth denn ziemlich ſonderbar,<lb/> weil er keinen einzigen Umſtand ſeines Lebens,<lb/> und keinen einzigen von den Vorfallenheiten des<lb/> Tages, er mochte ſo unbedeutend ſeyn, wie er<lb/> wollte, darin ausließ. — Da er nun nur<lb/> lauter wirkliche Begebenheiten, und ſeine Phan¬<lb/> taſieen, die er den Tag uͤber hatte, nicht mit<lb/> aufſchrieb, ſo mußten die Erzaͤhlungen von den<lb/> Begebenheiten des Tages, eben ſo kahl und ab¬<lb/> geſchmackt, und ohne alles Intereſſe ſein, wie<lb/></p> </body> </text> </TEI> [14/0024]
koͤnnen. — So endigte es ſich alſo mit dem ei¬
gentlichen ſterbenden Sokrates, von welchem
Reiſer ſo lange den Spottnahmen tragen mußte,
da er doch nicht den ſterbenden Sokrates ſelbſt,
ſondern nur einen unbedeutenden Freund deſſelben,
vorgeſtellt haͤtte, der nicht viel mehr that, als
daß er in einem Winkel ſtand und weinte, indes
der ſterbende Sokrates zur Ruͤhrung aller Zu¬
ſchauer den Giftbecher trinken und ſich auf dem
Todtbette noch in dem glaͤnzendſten Lichte zeigen
konnte.
Reiſer hatte damals ſchon ſeit laͤnger als einem
Jahre angefangen, ſich ein Tagebuch zu machen,
worin er alles, was ihm begegnete, aufſchrieb. —
Diß Tagebuch gerieth denn ziemlich ſonderbar,
weil er keinen einzigen Umſtand ſeines Lebens,
und keinen einzigen von den Vorfallenheiten des
Tages, er mochte ſo unbedeutend ſeyn, wie er
wollte, darin ausließ. — Da er nun nur
lauter wirkliche Begebenheiten, und ſeine Phan¬
taſieen, die er den Tag uͤber hatte, nicht mit
aufſchrieb, ſo mußten die Erzaͤhlungen von den
Begebenheiten des Tages, eben ſo kahl und ab¬
geſchmackt, und ohne alles Intereſſe ſein, wie
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