Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.dern seinen Unmuth und Lebensüberdruß, aus dern ſeinen Unmuth und Lebensuͤberdruß, aus <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0230" n="220"/> dern ſeinen Unmuth und Lebensuͤberdruß, aus<lb/> allgemeinen Betrachtungen uͤber die Nichtigkeit<lb/> des menſchlichen Lebens, und die Eitelkeit der<lb/> Dinge, herzuleiten ſuchte — freilich fanden ſich<lb/> denn auch dieſe allgemeinen Betrachtungen ein,<lb/> die aber ohne jene herrſchende Idee nur ſeinen<lb/> Verſtand beſchaͤftigt, nicht aber ſein Herz in Be¬<lb/> wegung geſetzt haben wuͤrden. — Im Grunde<lb/> war es das Gefuͤhl, <hi rendition="#fr">der durch buͤrgerliche<lb/> Verhaͤltniſſe unterdruͤckten Menſchheit</hi>, das<lb/> ſich ſeiner hiebei bemaͤchtigte, und ihm das Leben<lb/> verhaßt machte — er mußte einen jungen Edel¬<lb/> mann unterrichten, der ihn dafuͤr bezahlte, und<lb/> ihm nach geendigter Stunde auf eine hoͤfliche<lb/> Art die Thuͤre weiſen konnte, wenn es ihm be¬<lb/> liebte — was hatte er vor ſeiner Geburt verbro¬<lb/> chen, daß er nicht auch ein Menſch geworden<lb/> war, um den ſich eine Anzahl anderer Menſchen<lb/> bekuͤmmern, und um ihn bemuͤht ſeyn muͤſſen<lb/> — warum erhielt er gerade die Rolle des Arbei¬<lb/> tenden und ein andrer des <hi rendition="#fr">Bezahlenden</hi>? —<lb/> Haͤtten ihn ſeine Verhaͤltniſſe in der Welt gluͤck¬<lb/> lich und zufrieden gemacht, ſo wuͤrde er allent¬<lb/> halben Zweck und Ordnung geſehen haben, jetzt<lb/></p> </body> </text> </TEI> [220/0230]
dern ſeinen Unmuth und Lebensuͤberdruß, aus
allgemeinen Betrachtungen uͤber die Nichtigkeit
des menſchlichen Lebens, und die Eitelkeit der
Dinge, herzuleiten ſuchte — freilich fanden ſich
denn auch dieſe allgemeinen Betrachtungen ein,
die aber ohne jene herrſchende Idee nur ſeinen
Verſtand beſchaͤftigt, nicht aber ſein Herz in Be¬
wegung geſetzt haben wuͤrden. — Im Grunde
war es das Gefuͤhl, der durch buͤrgerliche
Verhaͤltniſſe unterdruͤckten Menſchheit, das
ſich ſeiner hiebei bemaͤchtigte, und ihm das Leben
verhaßt machte — er mußte einen jungen Edel¬
mann unterrichten, der ihn dafuͤr bezahlte, und
ihm nach geendigter Stunde auf eine hoͤfliche
Art die Thuͤre weiſen konnte, wenn es ihm be¬
liebte — was hatte er vor ſeiner Geburt verbro¬
chen, daß er nicht auch ein Menſch geworden
war, um den ſich eine Anzahl anderer Menſchen
bekuͤmmern, und um ihn bemuͤht ſeyn muͤſſen
— warum erhielt er gerade die Rolle des Arbei¬
tenden und ein andrer des Bezahlenden? —
Haͤtten ihn ſeine Verhaͤltniſſe in der Welt gluͤck¬
lich und zufrieden gemacht, ſo wuͤrde er allent¬
halben Zweck und Ordnung geſehen haben, jetzt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |