edle aber doch eine zu sanfte Rolle für ihn -- und überdem mißlang es gewißermaßen mit der ganzen Aufführung des Stücks -- denn da der Klavigo und den Mann nach der Uhr zu Ende waren, so gingen die meisten Zuschauer weg, weil es schon sehr spät war, und es blieb nicht der dritte Theil da, welche den Edelknaben noch abwarteten -- dieß und der quälende Gedanke an den Klavigo, den er immer noch nicht unter¬ drücken konnte, war Ursach, daß Reiser den Für¬ sten im Edelknaben sehr nachlässig, und weit schlechter spielte, als er ihn hätte spielen können -- und da nun alles geendigt war, mißvergnügt und traurig zu Hause ging. -- Er dachte aber dabei doch noch dereinst seine Lust zu büßen, sich auf dem Theater in einer heftigen und erschüt¬ ternden Rolle zu zeigen, möchte es auch kosten, was es wolle. -- Daß ihm zum erstenmale dieser Genuß versagt war, reitzte seine Begierde dar¬ nach nur noch stärker -- und wie konnte er siche¬ rer die Erfüllung seines höchsten Wunsches hof¬ fen, als wenn er das zum eigentlichen Geschäft seines Lebens machte, woran ohnedem schon sein ganzes Herz hing. -- Der Gedanke, sich dem
edle aber doch eine zu ſanfte Rolle fuͤr ihn — und uͤberdem mißlang es gewißermaßen mit der ganzen Auffuͤhrung des Stuͤcks — denn da der Klavigo und den Mann nach der Uhr zu Ende waren, ſo gingen die meiſten Zuſchauer weg, weil es ſchon ſehr ſpaͤt war, und es blieb nicht der dritte Theil da, welche den Edelknaben noch abwarteten — dieß und der quaͤlende Gedanke an den Klavigo, den er immer noch nicht unter¬ druͤcken konnte, war Urſach, daß Reiſer den Fuͤr¬ ſten im Edelknaben ſehr nachlaͤſſig, und weit ſchlechter ſpielte, als er ihn haͤtte ſpielen koͤnnen — und da nun alles geendigt war, mißvergnuͤgt und traurig zu Hauſe ging. — Er dachte aber dabei doch noch dereinſt ſeine Luſt zu buͤßen, ſich auf dem Theater in einer heftigen und erſchuͤt¬ ternden Rolle zu zeigen, moͤchte es auch koſten, was es wolle. — Daß ihm zum erſtenmale dieſer Genuß verſagt war, reitzte ſeine Begierde dar¬ nach nur noch ſtaͤrker — und wie konnte er ſiche¬ rer die Erfuͤllung ſeines hoͤchſten Wunſches hof¬ fen, als wenn er das zum eigentlichen Geſchaͤft ſeines Lebens machte, woran ohnedem ſchon ſein ganzes Herz hing. — Der Gedanke, ſich dem
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edle aber doch eine zu ſanfte Rolle fuͤr ihn —
und uͤberdem mißlang es gewißermaßen mit der
ganzen Auffuͤhrung des Stuͤcks — denn da der
Klavigo und den Mann nach der Uhr zu Ende
waren, ſo gingen die meiſten Zuſchauer weg,
weil es ſchon ſehr ſpaͤt war, und es blieb nicht
der dritte Theil da, welche den Edelknaben noch
abwarteten — dieß und der quaͤlende Gedanke
an den Klavigo, den er immer noch nicht unter¬
druͤcken konnte, war Urſach, daß Reiſer den Fuͤr¬
ſten im Edelknaben ſehr nachlaͤſſig, und weit
ſchlechter ſpielte, als er ihn haͤtte ſpielen koͤnnen
— und da nun alles geendigt war, mißvergnuͤgt
und traurig zu Hauſe ging. — Er dachte aber
dabei doch noch dereinſt ſeine Luſt zu buͤßen, ſich
auf dem Theater in einer heftigen und erſchuͤt¬
ternden Rolle zu zeigen, moͤchte es auch koſten,
was es wolle. — Daß ihm zum erſtenmale dieſer
Genuß verſagt war, reitzte ſeine Begierde dar¬
nach nur noch ſtaͤrker — und wie konnte er ſiche¬
rer die Erfuͤllung ſeines hoͤchſten Wunſches hof¬
fen, als wenn er das zum eigentlichen Geſchaͤft
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/226>, abgerufen am 16.02.2025.
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