Es war wirklich damals gerade die glänzend¬ ste Schauspielerepoche in Deutschland, und es war kein Wunder, daß die Idee sich in eine so glänzende Laufbahn, wie die theatralische war, zu begeben, in den Köpfen mehrerer jungen Leute Funken schlug, und ihre Phantasie erhitzte -- das war denn damals auch der Fall bei der dra¬ matischen Gesellschaft in H. . . -- sie hatte gerade die vortrefflichsten Muster, einen Brockmann, Reinicke, Schröder, zu einem Zweck der Kunst vereinigt, täglich Lorbeern einerndten sehen, und es war wirklich kein unrühmlicher Gedanke, sol¬ chen Mustern nachzueifern. --
Und um nun diesen Endzweck zu erreichen, brauchte man nicht erst drei Jahre auf der Uni¬ versität studirt zu haben. -- Dann kam bei Rei¬ sern die unwiderstehliche Begierde zum Reisen hin¬ zu, welche sich seit der abentheuerlichen Wallfahrt nach Bremen seiner bemächtigt hatte -- und der Gedanke, sich aus allen seinen bisherigen Ver¬ hältnissen, wo selbst das beste ihm doch immer nur halb geglückt war, hinaus zu versetzen, und sein Glück in der weiten Welt zu suchen, fing allmälig an, bei ihm der herrschende zu werden --
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Es war wirklich damals gerade die glaͤnzend¬ ſte Schauſpielerepoche in Deutſchland, und es war kein Wunder, daß die Idee ſich in eine ſo glaͤnzende Laufbahn, wie die theatraliſche war, zu begeben, in den Koͤpfen mehrerer jungen Leute Funken ſchlug, und ihre Phantaſie erhitzte — das war denn damals auch der Fall bei der dra¬ matiſchen Geſellſchaft in H. . . — ſie hatte gerade die vortrefflichſten Muſter, einen Brockmann, Reinicke, Schroͤder, zu einem Zweck der Kunſt vereinigt, taͤglich Lorbeern einerndten ſehen, und es war wirklich kein unruͤhmlicher Gedanke, ſol¬ chen Muſtern nachzueifern. —
Und um nun dieſen Endzweck zu erreichen, brauchte man nicht erſt drei Jahre auf der Uni¬ verſitaͤt ſtudirt zu haben. — Dann kam bei Rei¬ ſern die unwiderſtehliche Begierde zum Reiſen hin¬ zu, welche ſich ſeit der abentheuerlichen Wallfahrt nach Bremen ſeiner bemaͤchtigt hatte — und der Gedanke, ſich aus allen ſeinen bisherigen Ver¬ haͤltniſſen, wo ſelbſt das beſte ihm doch immer nur halb gegluͤckt war, hinaus zu verſetzen, und ſein Gluͤck in der weiten Welt zu ſuchen, fing allmaͤlig an, bei ihm der herrſchende zu werden —
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[201/0211]
Es war wirklich damals gerade die glaͤnzend¬
ſte Schauſpielerepoche in Deutſchland, und es
war kein Wunder, daß die Idee ſich in eine ſo
glaͤnzende Laufbahn, wie die theatraliſche war,
zu begeben, in den Koͤpfen mehrerer jungen Leute
Funken ſchlug, und ihre Phantaſie erhitzte —
das war denn damals auch der Fall bei der dra¬
matiſchen Geſellſchaft in H. . . — ſie hatte gerade
die vortrefflichſten Muſter, einen Brockmann,
Reinicke, Schroͤder, zu einem Zweck der Kunſt
vereinigt, taͤglich Lorbeern einerndten ſehen, und
es war wirklich kein unruͤhmlicher Gedanke, ſol¬
chen Muſtern nachzueifern. —
Und um nun dieſen Endzweck zu erreichen,
brauchte man nicht erſt drei Jahre auf der Uni¬
verſitaͤt ſtudirt zu haben. — Dann kam bei Rei¬
ſern die unwiderſtehliche Begierde zum Reiſen hin¬
zu, welche ſich ſeit der abentheuerlichen Wallfahrt
nach Bremen ſeiner bemaͤchtigt hatte — und der
Gedanke, ſich aus allen ſeinen bisherigen Ver¬
haͤltniſſen, wo ſelbſt das beſte ihm doch immer
nur halb gegluͤckt war, hinaus zu verſetzen, und
ſein Gluͤck in der weiten Welt zu ſuchen, fing
allmaͤlig an, bei ihm der herrſchende zu werden —
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/211>, abgerufen am 16.02.2025.
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