ernsthaften Nachdenken, zu keinem Fleiß im Studiren mehr aufgelegt. --
Es bildeten sich nun schon Schriftstellerpro¬ jekte in seinem Kopfe -- er wollte ein Trauer¬ spiel der Meineid schreiben. -- Er sah schon den Komödienzettel angeschlagen, worauf sein Nahme stand -- seine ganze Seele war voll von dieser Idee -- und er ging oft, wie ein Rasender in seiner Stube wüthend auf und nieder, indem er alle die gräßlichen nnd fürchterlichen Scenen seines Trauerspiels durchdachte und durchem¬ pfand. -- Der Meineid gereute den Meineidigen zu spät, und Mord und Blutschande war schon die Folge davon gewesen, als er eben im Begriff war, von unaufhörlicher Gewissensangst getrie¬ ben, den Meineid durch Aufopferung seines gan¬ zen Vermögens, däs er dadurch gewonnen hatte, wieder gut zu machen -- und der schmeichelhaf¬ teste Gedanke für Reisern war, wenn er dieß Stück noch in seinem jetzigen Stande, noch als Schüler vollenden würde, was man denn für Erwartungen von ihm schöpfen -- wie es dann noch weit mehr ihm zum Ruhm, gereichen müßte. --
ernſthaften Nachdenken, zu keinem Fleiß im Studiren mehr aufgelegt. —
Es bildeten ſich nun ſchon Schriftſtellerpro¬ jekte in ſeinem Kopfe — er wollte ein Trauer¬ ſpiel der Meineid ſchreiben. — Er ſah ſchon den Komoͤdienzettel angeſchlagen, worauf ſein Nahme ſtand — ſeine ganze Seele war voll von dieſer Idee — und er ging oft, wie ein Raſender in ſeiner Stube wuͤthend auf und nieder, indem er alle die graͤßlichen nnd fuͤrchterlichen Scenen ſeines Trauerſpiels durchdachte und durchem¬ pfand. — Der Meineid gereute den Meineidigen zu ſpaͤt, und Mord und Blutſchande war ſchon die Folge davon geweſen, als er eben im Begriff war, von unaufhoͤrlicher Gewiſſensangſt getrie¬ ben, den Meineid durch Aufopferung ſeines gan¬ zen Vermoͤgens, daͤs er dadurch gewonnen hatte, wieder gut zu machen — und der ſchmeichelhaf¬ teſte Gedanke fuͤr Reiſern war, wenn er dieß Stuͤck noch in ſeinem jetzigen Stande, noch als Schuͤler vollenden wuͤrde, was man denn fuͤr Erwartungen von ihm ſchoͤpfen — wie es dann noch weit mehr ihm zum Ruhm, gereichen muͤßte. —
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ernſthaften Nachdenken, zu keinem Fleiß im
Studiren mehr aufgelegt. —
Es bildeten ſich nun ſchon Schriftſtellerpro¬
jekte in ſeinem Kopfe — er wollte ein Trauer¬
ſpiel der Meineid ſchreiben. — Er ſah ſchon
den Komoͤdienzettel angeſchlagen, worauf ſein
Nahme ſtand — ſeine ganze Seele war voll von
dieſer Idee — und er ging oft, wie ein Raſender
in ſeiner Stube wuͤthend auf und nieder, indem
er alle die graͤßlichen nnd fuͤrchterlichen Scenen
ſeines Trauerſpiels durchdachte und durchem¬
pfand. — Der Meineid gereute den Meineidigen
zu ſpaͤt, und Mord und Blutſchande war ſchon
die Folge davon geweſen, als er eben im Begriff
war, von unaufhoͤrlicher Gewiſſensangſt getrie¬
ben, den Meineid durch Aufopferung ſeines gan¬
zen Vermoͤgens, daͤs er dadurch gewonnen hatte,
wieder gut zu machen — und der ſchmeichelhaf¬
teſte Gedanke fuͤr Reiſern war, wenn er dieß
Stuͤck noch in ſeinem jetzigen Stande, noch als
Schuͤler vollenden wuͤrde, was man denn fuͤr
Erwartungen von ihm ſchoͤpfen — wie es dann
noch weit mehr ihm zum Ruhm, gereichen
muͤßte. —
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/200>, abgerufen am 16.02.2025.
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