eben nicht zu günstig war -- denn in der Stube des Schneiders hatte er nichts, wie sein ange¬ wiesenes Plätzchen, wo sein Klavier stand, das ihm zugleich zum Tische diente, und unter wel¬ chem er zugleich seine ganze Bibliothek in ein kleines Bücherbrett aufgestellt hatte. -- Wenn er nun für sich las und arbeitete, so konnte er um sich her nicht Stille gebieten; und so lange der Winter dauerte, war er doch genöthigt, in der Stube seines Wirths zu bleiben -- im Sommer zog er mit seinem Klavier und Büchern auf den Boden, wo er schlief, und einsam und ungestört war. --
Er war kaum einige Wochen aus seinem vo¬ rigen Logis, und von seinen vorigen Stubenge¬ sellschaftern G. . . und M. . . weggezogen, so er¬ eignete sich ein fürchterlicher Vorfall, der ihn die Größe und Nähe der Gefahr, in welcher er geschwebt hatte, sehr lebhaft empfinden ließ. --
G. . . wurde nehmlich eines Tages, da er im Chore sang, auf öffentlicher Straße in Verhaft genommen, und sogleich geschlossen in eines der tiefsten Gefängnisse auf dem . . . . Thore gebracht,
eben nicht zu guͤnſtig war — denn in der Stube des Schneiders hatte er nichts, wie ſein ange¬ wieſenes Plaͤtzchen, wo ſein Klavier ſtand, das ihm zugleich zum Tiſche diente, und unter wel¬ chem er zugleich ſeine ganze Bibliothek in ein kleines Buͤcherbrett aufgeſtellt hatte. — Wenn er nun fuͤr ſich las und arbeitete, ſo konnte er um ſich her nicht Stille gebieten; und ſo lange der Winter dauerte, war er doch genoͤthigt, in der Stube ſeines Wirths zu bleiben — im Sommer zog er mit ſeinem Klavier und Buͤchern auf den Boden, wo er ſchlief, und einſam und ungeſtoͤrt war. —
Er war kaum einige Wochen aus ſeinem vo¬ rigen Logis, und von ſeinen vorigen Stubenge¬ ſellſchaftern G. . . und M. . . weggezogen, ſo er¬ eignete ſich ein fuͤrchterlicher Vorfall, der ihn die Groͤße und Naͤhe der Gefahr, in welcher er geſchwebt hatte, ſehr lebhaft empfinden ließ. —
G. . . wurde nehmlich eines Tages, da er im Chore ſang, auf oͤffentlicher Straße in Verhaft genommen, und ſogleich geſchloſſen in eines der tiefſten Gefaͤngniſſe auf dem . . . . Thore gebracht,
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eben nicht zu guͤnſtig war — denn in der Stube
des Schneiders hatte er nichts, wie ſein ange¬
wieſenes Plaͤtzchen, wo ſein Klavier ſtand, das
ihm zugleich zum Tiſche diente, und unter wel¬
chem er zugleich ſeine ganze Bibliothek in ein
kleines Buͤcherbrett aufgeſtellt hatte. — Wenn er
nun fuͤr ſich las und arbeitete, ſo konnte er um
ſich her nicht Stille gebieten; und ſo lange der
Winter dauerte, war er doch genoͤthigt, in der
Stube ſeines Wirths zu bleiben — im Sommer
zog er mit ſeinem Klavier und Buͤchern auf den
Boden, wo er ſchlief, und einſam und ungeſtoͤrt
war. —
Er war kaum einige Wochen aus ſeinem vo¬
rigen Logis, und von ſeinen vorigen Stubenge¬
ſellſchaftern G. . . und M. . . weggezogen, ſo er¬
eignete ſich ein fuͤrchterlicher Vorfall, der ihn
die Groͤße und Naͤhe der Gefahr, in welcher er
geſchwebt hatte, ſehr lebhaft empfinden ließ. —
G. . . wurde nehmlich eines Tages, da er im
Chore ſang, auf oͤffentlicher Straße in Verhaft
genommen, und ſogleich geſchloſſen in eines der
tiefſten Gefaͤngniſſe auf dem . . . . Thore gebracht,
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/20>, abgerufen am 22.07.2024.
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