gehoben zu seyn, daß er sich ganz in die Rolle des Guelfo hineindachte, und eine Zeitlang mit allen seinen Gedanken und Empfindungen darin lebte. --
Während daß also [n]un auf dem Königlichen Operntheater von der Schröderschen Gesellschaft Komödie gespielt wurde, kam auch die Zeit der Sommerferien heran; wo die Primaner jähr¬ lich öffentlich eine Komödie aufzuführen pfleg¬ ten. --
Reiser zweifelte nicht, daß man ihm dießmal eine Rolle antragen würde, da er doch nun, seitdem er die Rede auf der Königin Geburtstag gehalten hatte, einer der angesehensten unter seinen Mit¬ schülern war, und daher auch gar nicht glaub¬ te, daß man ohne ihn die Sache anfangen würde. --
Wie sehr erstaunte er also, da er vernahm, daß man die Sache dennoch ohne ihn angefan¬ gen, und sogar schon die aufzuführenden Stücke bestimmt, und ihm nicht einmal eine Rolle darin zugetheilt hatte. -- Da er jetzt wirklich viele Freunde und vielen Anhang unter seinen Mit¬ schülern hatte, so konnte er sich diese Zurückstellung
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gehoben zu ſeyn, daß er ſich ganz in die Rolle des Guelfo hineindachte, und eine Zeitlang mit allen ſeinen Gedanken und Empfindungen darin lebte. —
Waͤhrend daß alſo [n]un auf dem Koͤniglichen Operntheater von der Schroͤderſchen Geſellſchaft Komoͤdie geſpielt wurde, kam auch die Zeit der Sommerferien heran; wo die Primaner jaͤhr¬ lich oͤffentlich eine Komoͤdie aufzufuͤhren pfleg¬ ten. —
Reiſer zweifelte nicht, daß man ihm dießmal eine Rolle antragen wuͤrde, da er doch nun, ſeitdem er die Rede auf der Koͤnigin Geburtstag gehalten hatte, einer der angeſehenſten unter ſeinen Mit¬ ſchuͤlern war, und daher auch gar nicht glaub¬ te, daß man ohne ihn die Sache anfangen wuͤrde. —
Wie ſehr erſtaunte er alſo, da er vernahm, daß man die Sache dennoch ohne ihn angefan¬ gen, und ſogar ſchon die aufzufuͤhrenden Stuͤcke beſtimmt, und ihm nicht einmal eine Rolle darin zugetheilt hatte. — Da er jetzt wirklich viele Freunde und vielen Anhang unter ſeinen Mit¬ ſchuͤlern hatte, ſo konnte er ſich dieſe Zuruͤckſtellung
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gehoben zu ſeyn, daß er ſich ganz in die Rolle
des Guelfo hineindachte, und eine Zeitlang mit
allen ſeinen Gedanken und Empfindungen darin
lebte. —
Waͤhrend daß alſo nun auf dem Koͤniglichen
Operntheater von der Schroͤderſchen Geſellſchaft
Komoͤdie geſpielt wurde, kam auch die Zeit der
Sommerferien heran; wo die Primaner jaͤhr¬
lich oͤffentlich eine Komoͤdie aufzufuͤhren pfleg¬
ten. —
Reiſer zweifelte nicht, daß man ihm dießmal
eine Rolle antragen wuͤrde, da er doch nun, ſeitdem
er die Rede auf der Koͤnigin Geburtstag gehalten
hatte, einer der angeſehenſten unter ſeinen Mit¬
ſchuͤlern war, und daher auch gar nicht glaub¬
te, daß man ohne ihn die Sache anfangen
wuͤrde. —
Wie ſehr erſtaunte er alſo, da er vernahm,
daß man die Sache dennoch ohne ihn angefan¬
gen, und ſogar ſchon die aufzufuͤhrenden Stuͤcke
beſtimmt, und ihm nicht einmal eine Rolle darin
zugetheilt hatte. — Da er jetzt wirklich viele
Freunde und vielen Anhang unter ſeinen Mit¬
ſchuͤlern hatte, ſo konnte er ſich dieſe Zuruͤckſtellung
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/191>, abgerufen am 16.02.2025.
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