Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Schicksals in seiner Seele wieder empor, die
mißlungene Fußfallsscene schmerzte ihn zwar noch
immer; endlich aber söhnte er sich auch darüber
mit dem Schicksal aus -- und so fing nun eine
neue Epoche seines Lebens an. --

Er zog von dem Bürstenbinder aus und
wurde bei einem Schneider eingemiethet, bei
dem er in derselben Stube wohnen, und auf dem
Boden schlafen mußte. -- Die Frau F. . . und
der Hofmusikus, welche in demselben Hause
wohnten, nahmen sich seiner wieder an, indem
sie ihm wöchentlich einmal zu essen gaben. --
Die Frau F. . . ließ ihn das kleine Mädchen,
welches sie bei sich hatte, im Schreiben und im
Katechismus unterrichten -- er besuchte die
Schule wieder regelmäßig, man schöpfte wie¬
der neue Hoffnung von ihm -- selbst der Prinz
ließ ihn zu sich kommen, und sprach ihn in Ge¬
genwart des Pastor M. . ., der das Geld zu sei¬
ner Unterstützung vom Prinzen für ihn in Em¬
pfang nahm, und damit seine Schulden tilgte.

So ging nun alles wieder so weit gut -- und
er fing nun an wieder fleißig zu seyn -- obgleich
seine äußere Situation auch hier seinem Studieren

A 5

Schickſals in ſeiner Seele wieder empor, die
mißlungene Fußfallsſcene ſchmerzte ihn zwar noch
immer; endlich aber ſoͤhnte er ſich auch daruͤber
mit dem Schickſal aus — und ſo fing nun eine
neue Epoche ſeines Lebens an. —

Er zog von dem Buͤrſtenbinder aus und
wurde bei einem Schneider eingemiethet, bei
dem er in derſelben Stube wohnen, und auf dem
Boden ſchlafen mußte. — Die Frau F. . . und
der Hofmuſikus, welche in demſelben Hauſe
wohnten, nahmen ſich ſeiner wieder an, indem
ſie ihm woͤchentlich einmal zu eſſen gaben. —
Die Frau F. . . ließ ihn das kleine Maͤdchen,
welches ſie bei ſich hatte, im Schreiben und im
Katechismus unterrichten — er beſuchte die
Schule wieder regelmaͤßig, man ſchoͤpfte wie¬
der neue Hoffnung von ihm — ſelbſt der Prinz
ließ ihn zu ſich kommen, und ſprach ihn in Ge¬
genwart des Paſtor M. . ., der das Geld zu ſei¬
ner Unterſtuͤtzung vom Prinzen fuͤr ihn in Em¬
pfang nahm, und damit ſeine Schulden tilgte.

So ging nun alles wieder ſo weit gut — und
er fing nun an wieder fleißig zu ſeyn — obgleich
ſeine aͤußere Situation auch hier ſeinem Studieren

A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0019" n="9"/>
Schick&#x017F;als in &#x017F;einer Seele wieder empor, die<lb/>
mißlungene <choice><sic>Fuß&#x017F;alls&#x017F;cene</sic><corr>Fußfalls&#x017F;cene</corr></choice> &#x017F;chmerzte ihn zwar noch<lb/>
immer; endlich aber &#x017F;o&#x0364;hnte er &#x017F;ich auch daru&#x0364;ber<lb/>
mit dem Schick&#x017F;al aus &#x2014; und &#x017F;o fing nun eine<lb/>
neue Epoche &#x017F;eines Lebens an. &#x2014;</p><lb/>
      <p>Er zog von dem Bu&#x0364;r&#x017F;tenbinder aus und<lb/>
wurde bei einem Schneider eingemiethet, bei<lb/>
dem er in der&#x017F;elben Stube wohnen, und auf dem<lb/>
Boden &#x017F;chlafen mußte. &#x2014; Die Frau F. . . und<lb/>
der Hofmu&#x017F;ikus, welche in dem&#x017F;elben Hau&#x017F;e<lb/>
wohnten, nahmen &#x017F;ich &#x017F;einer wieder an, indem<lb/>
&#x017F;ie ihm wo&#x0364;chentlich einmal zu e&#x017F;&#x017F;en gaben. &#x2014;<lb/>
Die Frau F. . . ließ ihn das kleine Ma&#x0364;dchen,<lb/>
welches &#x017F;ie bei &#x017F;ich hatte, im Schreiben und im<lb/>
Katechismus unterrichten &#x2014; er be&#x017F;uchte die<lb/>
Schule wieder regelma&#x0364;ßig, man &#x017F;cho&#x0364;pfte wie¬<lb/>
der neue Hoffnung von ihm &#x2014; &#x017F;elb&#x017F;t der Prinz<lb/>
ließ ihn zu &#x017F;ich kommen, und &#x017F;prach ihn in Ge¬<lb/>
genwart des Pa&#x017F;tor M. . ., der das Geld zu &#x017F;ei¬<lb/>
ner Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung vom Prinzen fu&#x0364;r ihn in Em¬<lb/>
pfang nahm, und damit &#x017F;eine Schulden tilgte.</p><lb/>
      <p>So ging nun alles wieder &#x017F;o weit gut &#x2014; und<lb/>
er fing nun an wieder fleißig zu &#x017F;eyn &#x2014; obgleich<lb/>
&#x017F;eine a&#x0364;ußere Situation auch hier &#x017F;einem Studieren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 5<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0019] Schickſals in ſeiner Seele wieder empor, die mißlungene Fußfallsſcene ſchmerzte ihn zwar noch immer; endlich aber ſoͤhnte er ſich auch daruͤber mit dem Schickſal aus — und ſo fing nun eine neue Epoche ſeines Lebens an. — Er zog von dem Buͤrſtenbinder aus und wurde bei einem Schneider eingemiethet, bei dem er in derſelben Stube wohnen, und auf dem Boden ſchlafen mußte. — Die Frau F. . . und der Hofmuſikus, welche in demſelben Hauſe wohnten, nahmen ſich ſeiner wieder an, indem ſie ihm woͤchentlich einmal zu eſſen gaben. — Die Frau F. . . ließ ihn das kleine Maͤdchen, welches ſie bei ſich hatte, im Schreiben und im Katechismus unterrichten — er beſuchte die Schule wieder regelmaͤßig, man ſchoͤpfte wie¬ der neue Hoffnung von ihm — ſelbſt der Prinz ließ ihn zu ſich kommen, und ſprach ihn in Ge¬ genwart des Paſtor M. . ., der das Geld zu ſei¬ ner Unterſtuͤtzung vom Prinzen fuͤr ihn in Em¬ pfang nahm, und damit ſeine Schulden tilgte. So ging nun alles wieder ſo weit gut — und er fing nun an wieder fleißig zu ſeyn — obgleich ſeine aͤußere Situation auch hier ſeinem Studieren A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/19
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/19>, abgerufen am 24.11.2024.